Illustration mit Kuchen auf einem Tisch sowie zwei vom linken und rechten Bildrand aus zugreifenden Händen, die sich ein Stück davon nehmen

Im Namen der Gerechtigkeit

In der Justiz ist die länderübergreifende Nutzung von IT-Lösungen schon lange an der Tagesordnung. Ausgewählte HZD-Projekte beweisen, dass Kooperieren auch im vermeintlich kleinen Rahmen große Vorteile bringt.

„Wir wollen Opfer von häuslicher Gewalt besser schützen, deshalb machen wir uns gerade auf Bundesebene für den umfassenden Schutz durch die elektronische Fußfessel stark. Zusätzlich führen wir aktuell die Fußfessel der neuen Generation ein. Die neue, von der HZD entwickelte Überwachungslösung ermöglicht es, dass die elektronische Fußfessel des Täters mit einer GPS-Einheit des Opfers kommuniziert. Dadurch wird das Schutzniveau der Opfer deutlich erhöht werden. Gemeinsam mit der HZD und der GÜL bringen wir den Schutz vor häuslicher Gewalt also schon jetzt deutlich voran."

Christian Heinz, Hessischer Minister der Justiz und für den Rechtsstaat

Bei der Justiz ist die Digitalisierung eine besonders große Herausforderung. Neben den verschiedenen Arten von Gerichten, den Staatsanwaltschaften und den Anwaltskanzleien müssen auch Akteure wie die Polizei bei der IT mitgedacht werden. Erschwerend kommt hinzu, dass das Teilprojekt „E-Akte“ laut Gesetzgeber bis Ende 2025 flächendeckend eingeführt sein soll.

Um die gesteckten Ziele erreichen zu können, haben sich die Bundesländer schon früh darauf geeinigt, die anstehenden Aufgaben für die digitale Gerichtsbarkeit auf verschiedene Länder aufzuteilen. Und zwar unter ganz pragmatischen Gesichtspunkten: Dort, wo bereits Kompetenzen vorhanden waren, sollten sie auch verbleiben und so weiterentwickelt werden, dass sie möglichst effizient und ökonomisch für das Gesamtvorhaben genutzt werden konnten. Auch Hessen konnte im Bereich digitale Justiz mit Expertise punkten und bereits entwickelte Lösungen in das gesamtdeutsche Digitalisierungsvorhaben einbringen, wie die drei Erfolgsstorys exemplarisch zeigen.

EAÜ als EfA-Vorreiter

Mit langjähriger Expertise zeichnet sich Hessen beim Monitoring von verurteilten Straftätern aus: Gemeinsam mit der HZD hat das Land bereits im Jahr 2000 die Elektronische Aufenthaltsüberwachung (EAÜ) entwickelt. Während die erste Variante der EAÜ meistens zur Vermeidung der U-Haft eingesetzt wird, zielt die 2011 eingeführte Erweiterung auf Täter ab, die sich nur in einem streng eingrenzten Bereich bewegen dürfen. Sobald eine überwachte Person ihre individuelle Verbotszone betritt, erfolgt eine Meldung an die Gemeinsame Überwachungsstelle der Länder (GÜL), die dann direkt in Kontakt mit der Person tritt. Notfalls wendet sich diese dann an die zuständige Polizeidienststelle. In diesem Fall ermittelt ein als Fußfessel bekannter Tracker über GPS die aktuelle Position des Trägers beziehungsweise der Trägerin.

Nicht zuletzt unter dem Kosten-Nutzen-Aspekt (aktuell sind in Deutschland rund 150 Fußfesseln im Einsatz) haben sich alle Bundesländer für die hessische EAÜ entschieden. Somit ist die EAÜ eine der ersten nachgenutzten Leistungen nach dem Einer-für-Alle-Gedanken (kurz: EfA), lange bevor es im Zuge der OZG-Umsetzung zum Grundprinzip ernannt wurde. Damit das Monitoring auch über die Landesgrenzen hinaus reibungslos läuft, ist eine besonders enge Kooperation gefragt – bei den Ländern untereinander, aber auch mit den beteiligten Justizbehörden und Polizeidienststellen, die für eine lückenlose Überwachung Hand in Hand arbeiten müssen. Die Rahmenbedingungen regelt ein Staatsvertrag, die Abwicklung des Verfahrens erfolgt durch zwei perfekt aufeinander eingespielte Partner: die Gemeinsame elektronische Überwachungsstelle der Länder (GÜL), die bei der IT-Stelle der hessischen Justiz angesiedelt ist, und die HZD, die neben dem Betrieb auch bei der kontinuierlichen Weiterentwicklung der Fußfessel mitwirkt.

Aktuell wird eine neue Komponente der EAÜ finalisiert. „Während bislang nur die Täter im Visier waren, binden wir mit ‚domestic violence‘ nun auch die Opfer häuslicher Gewalt in das Überwachungssystem ein“, so Gesamtbetriebsleiter Johannes Schabel. „Die bekommen ein eigenes Gerät, das ihnen meldet, wenn der Straftäter sich der um das Opfer herumgezogenen Verbotszone nähert.“

Wir wollen Opfer von häuslicher Gewalt besser schützen, deshalb machen wir uns gerade auf Bundesebene für den umfassenden Schutz durch die elektronische Fußfessel stark. (...)

Christian Heinz Hessischer Minister der Justiz und für den Rechtsstaat

„Wir wollen Opfer von häuslicher Gewalt besser schützen, deshalb machen wir uns gerade auf Bundesebene für den umfassenden Schutz durch die elektronische Fußfessel stark. Zusätzlich führen wir aktuell die Fußfessel der neuen Generation ein. Die neue, von der HZD entwickelte Überwachungslösung ermöglicht es, dass die elektronische Fußfessel des Täters mit einer GPS-Einheit des Opfers kommuniziert. Dadurch wird das Schutzniveau der Opfer deutlich erhöht werden. Gemeinsam mit der HZD und der GÜL bringen wir den Schutz vor häuslicher Gewalt also schon jetzt deutlich voran.“

e2 – gebündelte Kompetenz

Eine Zusammenarbeit in ganz anderer Konstellation wird beim sogenannten e2-Verbund gepflegt. Hier teilt sich Hessen mit anderen Bundesländern die Entwicklung eines Software-Pakets, das von den Entwicklungspartnern und drei weiteren Ländern nachgenutzt wird. Der e²-Verbund deckt damit potenziell rund 60 Prozent der bundesweiten IT-Arbeitsplätze in der Justiz ab.

Zum e2-Bundle gehören drei eng miteinander verzahnte Produkte, die von jeweils einem Kooperationspartner verantwortet werden. e²A – das Modul zur Erstellung und Bearbeitung elektronischer Akten – liegt in den Händen von Nordrhein-Westfalen. Niedersachsen kümmert sich um die Komponente e²T, ein universell einsetzbares Textverarbeitungssystem, das zur Vereinfachung der justizinternen Abläufe beiträgt. Für Hessen hat die HZD e²P aufgesetzt, das Herzstück der e²-Suite. Mit diesem System lassen sich Posteingänge und -ausgänge unterschiedlichster Art (einschließlich Oldschool-Verfahren wie dem Fax) elektronisch und weitgehend automatisiert verarbeiten.

Damit die drei Module perfekt ineinandergreifen, stimmen sich die Teams der entwickelnden Bundesländer engmaschig zu ihren jeweiligen Aufgabenbereichen ab. Die Boards reichen von IT-Architektur über Softwareentwicklung bis hin zum Betrieb. So stellen die Kooperationspartner sicher, dass die e²-Produkte an allen IT-Arbeitsplätzen 24/7 verfügbar sind und die elektronische Kommunikation in der Justiz reibungslos läuft.

Stilisierte Deutschlandkarte, auf der farbig die sechs kooperierenden Bundesländer markiert im e2-Verbund sind

EfA als Grundprinzip

Auch bei der Einrichtung eines zentralen Schutzschriftenregisters (ZSSR), das vom Gesetzgeber 2014 als Aufgabe an alle Länder gestellt wurde, konnte Hessen überzeugen. Am Start des Projekts, dessen Umsetzung die HZD als IT-Partner übernahm, stand ein intensiver Abstimmungsprozess. An dessen Ende lag ein Anforderungsprofil vor, in dem die individuellen Rahmenbedingungen der einzelnen Länder berücksichtigt sind.

Auf dieser Basis hat die HZD eine Plattform eingerichtet, die zum 1. Januar 2016 online ging und seitdem als erste bundesweit nutzbare Plattform mit 24/7-Betreuung im Einsatz ist. Das ZSSR bedient die Informationsbedürfnisse von zwei Usergruppen: Die ordentlichen Gerichte und Arbeitsgerichte der Länder können über das Portal recherchieren, ob eine Schutzschrift vorliegt, die einem Entscheid vorbeugen soll, der für die beklagte Partei womöglich nachteilig sein könnte – beispielsweise bei einem Arbeitskampf oder bei Streitigkeiten wegen Marken- oder Wettbewerbsrechten. Den praktizierenden Anwälten dient das ZSSR als Kanal, über den sie die entsprechenden Schriftsätze hochladen können. Diese stehen den Gerichten ohne aufwändiges Nachforschen und unabhängig von Bürozeiten direkt zur Verfügung.

Die Maßnahmen zur Weiterentwicklung des Portals stimmt die HZD in erster Linie mit dem Oberlandesgericht Frankfurt ab, von dem das ZSSR geführt wird. Um allen Ländern ein Forum zur Kommunikation ihrer individuellen Anforderungen zu geben, trifft sich einmal pro Jahr ein Lenkungskreis. Durch die intensive fachliche Zusammenarbeit wird sichergestellt, dass die Features des Portals bei Änderungen der rechtlichen oder organisatorischen Rahmenbedingungen bedarfsgerecht und zeitnah angepasst werden.

Offen für jede Art von Zusammenarbeit

Es sind nicht nur große E-Justice-Vorhaben, bei denen sich der Blick über den Tellerrand lohnt. Auch bei kleineren Aufgaben im Justizumfeld schlägt die Nutzung bereits vorhandener Angebote positiv zu Buche. So bahnt sich gerade eine Vereinbarung mit einem anderen Bundesland zum Versand von Mahnvorhaben an. Dank eines hochprofessionellen Output-Managements kann die HZD mit ihrem Druckzentrum in Hünfeld die bisher anfallenden Kosten deutlich unterbieten. Ein Beweis mehr, dass gezielte Kooperationen sich als Win-win-Situation für alle Beteiligten erweisen.