Turm aus aufeinander gestapelten Münzen, im Hintergrund ist undeutlich eine „Skyline“ aus weiteren Münztürmen zu sehen

Einer für Alle

Für eine effiziente Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes entwickeln die Bundesländer Lösungen nach dem Einer-für-Alle-Prinzip. Im Themenfeld Steuern und Zoll ist Hessen aktiv.

Die Umsetzung der Verwaltungsdigitalisierung in Deutschland ist ein Mammutprojekt, welches die einzelnen Bundesländer nur durch eine übergreifende Zusammenarbeit bewältigen können. Maßgebliches Kriterium für die Umsetzung der OZG-Leistungen ist daher das Einer-für-Alle-Prinzip (EfA), wonach jedes Land Verwaltungsleistungen so digitalisieren muss, dass andere Länder sie nachnutzen können und den Online-Prozess nicht selbst entwickeln müssen. So verteilt sich die Umsetzung auf insgesamt 14 Themenfelder, in welchen die Verwaltungsleistungen zielgruppenorientiert – ohne Rücksicht auf bestehende Ressortzuständigkeiten – zusammengefasst sind.  

Für das Themenfeld „Steuern und Zoll“ obliegt die Federführung dem Land Hessen, die Wahrnehmung dieser Aufgabe erfolgt durch das Hessische Ministerium der Finanzen. Das Themenfeld umfasst etwa 30 OZG-Leistungen, welche nachgefragt werden, wenn beispielsweise Steuern zu erklären, Abgaben zu leisten oder Zölle für einen grenzüberschreitenden Waren- und Dienstleistungsverkehr zu entrichten sind. Zehn solcher OZG-Leistungen auf Länder- und kommunaler Ebene werden derzeit im Rahmen des föderalen Digitalisierungsprogramms entwickelt. Im Themenfeld sollen für alle Leistungen OZG-konforme Online-Lösungen entwickelt und diese zur Nachnutzung für andere Länder und Kommunen zur Verfügung gestellt werden. Die Aufgabe des HMdF als Themenfeldführer besteht darin, die Projekte zu initialisieren und Projektpartner sowie Umsetzungsverantwortliche zu gewinnen und untereinander zu vernetzen. Darüber hinaus stellt die Beachtung der EfA-Mindeststandards eine zentrale Aufgabe dar.

KONSENS zum Vorbild

Für die Steuerverwaltung ist die Zusammenarbeit zwischen den Ländern und mit dem Bund bereits seit Jahren fest etablierte Praxis. Mit dem Vorhaben KONSENS stand dem Themenfeld von Beginn an ein starker Partner zur Seite. Für die klassischen steuerlichen Leistungen wie Einkommen- oder Körperschaftsteuer lagen die Online-Angebote bereits vor Umsetzung des OZG nutzerfreundlich über das Programm zur elektronischen Steuererklärung ELSTER vor. Außerdem befand sich der digitale Rückkanal mit der Möglichkeit einer elektronischen Bescheidbekanntgabe (DIVA-Stufen I und II) bereits in der Umsetzung. Die Entwicklung von OZG-konformen Angeboten fokussierte sich daher schnell auf acht Kernbereiche (siehe Grafik).

Die Umsetzung der drei ersten Leistungsbündel (Besteuerung von Lotterien, Ausspielungen und Sportwetten; querschnittliche Leistungen im Bereich Steuern und Zoll; Erbschaft- und Schenkungsteuer) erfolgte im Rahmen von KONSENS und konnte (nicht zuletzt durch die Unterstützung der zentralen Koordinierungsstelle für die OZG-Umsetzung in Bayern – KiOZG) entsprechend schnell in Angriff genommen werden.

Seit mehr als zehn Jahren arbeiten Bund und Länder im Vorhaben KONSENS (Koordinierte Neue Software-Entwicklung der Steuerverwaltung) gemeinsam an einem Ziel: einheitliche IT-Verfahren für die Steuerverwaltung. Zu den bekanntesten Software-Lösungen zählen ELSTER und GINSTER.

Gewerbesteuerbescheid im Fokus

Vollkommen neue Wege mussten beim bedeutendsten Projekt des Themenfelds, dem digitalen Gewerbesteuerbescheid, gegangen werden. Der „Ebenensprung“, der sich aus der Erklärungsabgabe beim Finanzamt und der Zusendung des Steuerbescheids durch die Kommune ergibt, führt zu einer Sonderstellung dieser Verwaltungsleistung. Hier reichte es nicht aus, den Status quo digital verfügbar zu machen. Denn Digitalisierung bedeutet auch, Verwaltungsprozesse zu überdenken und beispielsweise bei verteilten Zuständigkeiten Unterschiede im Leistungsvollzug zu vereinheitlichen. Das Ziel des Projekts ist daher nicht nur ein digitaler, sondern auch ein bundesweit einheitlicher Gewerbesteuerbescheid. Es wurde ein Prozess erarbeitet, der alle knapp 11.000 Kommunen bundesweit in die Lage versetzt, einen maschinell auswertbaren Bescheid nach einheitlichem Standard zu erlassen.

Bis Jahresende 2022 ist es bereits gelungen, einen einheitlichen Datensatz für den neuen Gewerbesteuerbescheid zu entwickeln, welcher mit Hilfe eines PDF/A3-Dokuments als Bescheid in die ELSTER-Postfächer der Unternehmen zugestellt werden kann. Das Jahr 2023 steht im Fokus des Rollouts dieser Lösung an die Kommunen.

Der digitale Gewerbesteuerbescheid weckt allgemein großes Interesse. Neben der öffentlichen Verwaltung hat auch die freie Wirtschaft von Anfang an große Unterstützungsbereitschaft signalisiert. Die Liste der Beteiligten ist lang: Bundesfinanzministerium, Länderfinanzministerien, Kommunen und deren Spitzenverbände, Unternehmens- und Industrieverbände, große, überregional tätige und bekannte Firmen als Piloten sowie Anbieter für Software im Bereich Haushalts-, Kassen- und Rechnungswesen und Steuerberater.

Darstellung der acht Umsetzungsprojekte als Satelliten, die um das Themenfeld Zoll und Steuern kreisen, im Hintergrund ist unscharf ein Containerschiff abgebildet
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Einheitliche Plattform als Basis

Mit der Umsetzung der drei nicht steuerlichen Leistungen (Ausfuhr von Kulturgütern; Ein- und Ausfuhr von Arzneimitteln; Ausfuhr von Medizinprodukten) hat das Themenfeld komplettes Neuland betreten. Zentraler Auftraggeber für alle drei Projekte war das Hessische Innenministerium. Das Hessische Ministerium für Wissenschaft und Kunst übernahm die fachliche Verantwortung; das Hessische Sozialministerium konnte als Projektpartner gewonnen werden. Mit der technischen Umsetzung sowie der Projektleitung wurde die HZD beauftragt.

Alle drei Leistungen bauen auf der von der HZD bereitgestellten, einheitlichen Plattform EfADANTE auf, die sich beliebig an die Anforderung verschiedener Verwaltungsleistungen anpassen lässt. Durch die Weitsicht bei der Konzeption der Umsetzungslösungen können Online- Angebote für Verwaltungsleistungen relativ schnell auf einer erprobten Plattform bereitgestellt werden. So sind in der nur knapp zweijährigen Projektlaufzeit tragfähige Online-Leistungen entstanden, die bereits produktiv im Einsatz sind und durch einige Länder nachgenutzt werden. Als großer Vorteil erwies sich, dass mit der HZD ein erfahrener Inhouse-Partner mit Verwaltungsexpertise zur Verfügung stand. So konnte bei dem Vorhaben auf erprobte Arbeitsweisen in den Bereichen Projektmanagement und agile Entwicklungsmethoden zurückgegriffen werden.

Das Jahr 2023 steht vor allem im Zeichen des Rollouts mit dem Ziel, möglichst alle Bundesländer anzubinden. Aber auch der nutzer- und bearbeiterfreundliche Ausbau der Online-Lösungen soll nicht zu kurz kommen. Hierfür werden 2023 abermals Mittel durch das Bundesinnenministerium zur Verfügung gestellt. Dieses „Bonus“-Jahr muss genutzt werden, um die Projektphase mit einem optimalen Produkt enden zu lassen und einen geordneten Übergang in die Betriebsphase samt Übergabe der Produkte in die Verantwortung der Fachbereiche einzuleiten.

Mit etablierten Strukturen zum Ziel

Mit dem Aufbau der OZG-begleitenden Strukturen hat sich eine große Chance ergeben, die durch das Themenfeld „Steuern und Zoll“ selbstbewusst genutzt wurde. Zum geplanten Zieldatum – dem 31. Dezember 2022 – stand für alle Leistungen im Themenfeld eine tragfähige Online- Lösung bereit. Mit der Erweiterung des Umsetzungszeitraums über das Jahresende 2022 hinaus und unter Beibehaltung der bisherigen Themenfeldstrukturen können in den oben genannten Projekten in 2023 noch weitere Meilensteine der Verwaltungsdigitalisierung mit dem Stempel „made in Hessen“ an den Start gehen.

Der Autor

Michael Hohmann
Zentralabteilungsleiter im Hessischen Ministerium der Finanzen

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