Mit dem Onlinezugangsgesetz (OZG) hat sich Deutschland ambitionierte Ziele für die Digitalisierung der öffentlichen Verwaltungen gesetzt. In Hessen haben das Hessische Ministerium für Digitale Strategie und Entwicklung (HMinD) als strategische Steuerungskraft, das Hessische Ministerium des Innern und für Sport (HMdIS) als Koordinierungs- und Projektleitungsstelle sowie die HZD als umsetzender IT-Dienstleister für 2022 eine Initiative entwickelt, um sich insbesondere für die Jahre ab 2023 aufzustellen. Dabei liegt der Fokus auf den Themen Standardisierung und Zentralisierung.
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Digitalisierung nach dem Baukasten-Prinzip
Die HZD leistet mit den standardisierten digitalen Lösungsbausteinen HessenDANTE bzw. EfADANTE, FISBOX® und der Technischen Digitalisierungsplattform (TDP) ihre Beiträge zur OZG-Umsetzung: Die technische Realisierung von Onlineanträgen erfolgt über HessenDANTE, die digitale Antragserfassung des Landes Hessen. HessenDANTE stellt im Kern die technische Infrastruktur und die notwendigen Softwarekomponenten für den Betrieb digitaler Antragsverfahren zur Verfügung. Dazu kommt die Einbindung unterschiedlicher Schnittstellen, die für die Antragstellung benötigt werden, etwa zur Weitergabe der erfassten Antragsdaten an die Fachverfahren, die z.B. mit der FISBOX® betrieben werden.
Mit EfADANTE ist seit August 2021 eine weitere Plattform in den Pilotbetrieb gegangen. Nach dem EfA-Prinzip („Einer für Alle“) erstellt und betreibt Hessen zentral Antragsverfahren zur Ausfuhr von Kulturgütern, Medizinprodukten und Arzneimitteln für mehrere bzw. alle Bundesländer.
Mit der FISBOX® bietet die HZD eine standardisierte, flexible Software-as-a-Service (SaaS)-Lösung für Fachinformationssysteme und damit eines der zentralen Digitalisierungswerkzeuge zur OZG-Umsetzung. Ihr Funktionsumfang unterstützt in vielfacher Hinsicht die internen Verwaltungsabläufe. Auch die parallel zu einem Antragsprozess laufenden Teilprozesse wie Kommunikation, Controlling und Informationsbeschaffung werden vollumfänglich von der FISBOX® unterstützt. Neben einfachen, standardisierten Geschäftsprozessen kann die FISBOX® hochgradig individualisierte, komplexe Geschäftsprozesse abbilden.
Standardisierter Baukasten für passgenaue Lösungen
In einem Prozess wie der digitalen Transformation sind standardisierte und wiederverwendbare Lösungsbausteine gefordert, die für einzelne Prozessschritte spezifisch eingesetzt und nach Bedarf miteinander kombiniert werden können – wie in einem Baukasten. Einen solchen Baukasten stellt die HZD – beauftragt vom HMinD – mit der Technischen Digitalisierungsplattform (TDP) bereit.
Herzstück der TDP ist die Integrationsplattform. Sie verknüpft bestehende Serviceangebote miteinander und ermöglicht über standardisierte Schnittstellen und Adapter die einfache Integration weiterer IT-Lösungsbausteine und IT-Verfahren. Dadurch entfällt für Digitalisierungsprojekte die Notwendigkeit, komplexe individuelle Lösungen und Kommunikationsverbindungen einrichten zu müssen. Auf der Integrationsplattform können auch externe Services und IT-Verfahren anderer Anbieter integriert und zur Verfügung gestellt werden, ein Aspekt, der die Mit- und Nachnutzung von EfA-Leistungen anderer Bundesländer unterstützt. Auf der TDP-Integrationsplattform werden darüber hinaus neue Standard- Lösungsbausteine nach den Anforderungen der Verwaltung selbst entwickelt und betrieben. Prominentestes Beispiel ist der Rückkanal, der die digitale Bescheidzustellung von der Behörde zu den Antragsstellenden unter Wahrung der gesetzlichen Rahmenbedingungen ermöglicht. Weitere Services der TDP-Integrationsplattform sorgen für ein nahtloses Miteinander der einzelnen Komponenten.
Einer, sie alle zu (ver-)binden – der Integrator
Aus strategischen Gründen wurden die drei eigenständigen und in unterschiedlichen Verantwortlichkeiten liegenden Programme bzw. Teilprojekte – HessenDANTE bzw. EfADANTE, FISBOX® und die TDP – im November 2021 im Programm „Integrator“ des Geschäftsbereichs der Hessischen Ministerin für Digitale Strategie und Entwicklung zentralisiert. Ziel ist es, alle Leistungen, die bis Ende des Jahres betrieben oder noch in diesem Jahr entwickelt werden, in die ordnungsgemäße OZG-Bereitstellung zu überführen. Gradmesser dafür ist Stufe 3 des Reifegradmodells, das die Europäische Kommission zur Messung der Online-Verfügbarkeit entwickelt hat. Stufe 3 definiert dabei eine Online-Leistung, die einschließlich aller Nachweise vollständig digital abgewickelt werden kann und bei der der Bescheid digital zugestellt wird.
Die HZD hat sieben sogenannte Arbeitspaketgruppen mit insgesamt 30 Paketen identifiziert:
- Ansichtsformular und Datenmodell
Entwicklung von Demonstrationsformularen mit Standardbausteinen als Referenzimplementierung - Sachbearbeitungskomponente, Schnittstelle
Identifikation und Definition aller Anforderungen zur Entwicklung einer generischen Sachbearbeitungskomponente - Verwaltungsprozess und Regelbetriebskonzept
Standardisierung der Verwaltungsvorgänge im Reifegrad 3 - SDG
Identifikation der notwendigen Prozesse zur Erfüllung der Single-Digital-Gateway-Verordnung - Anforderungsmanagement
Etablierung eines langfristig orientierten Anforderungsmanagements zwischen Ministerien und HZD - TDP als zentrale SaaS-Plattform
Definition und Koordinierung der Entwicklung und Etablierung des Architekturzielbildes zur plattform- basierten Verwaltungsdigitalisierung - EfA (Einer für Alle)
Identifikation und Beauftragung notwendiger Prozesse sowie der technischen Infrastruktur zur Umsetzung der EfA-Leistungen
Nicht alle Pakete sind im Sinne des Reifegradmodells relevant, aber für einen Betrieb und angestrebte landesinterne Standardisierungen notwendig. Bis Mitte des Jahres sollen sämtliche Bausteine, die zur Erreichung des Reifegrads 3 notwendig sind, standardisiert zur Verfügung stehen, um die notwendigen Restarbeiten für die derzeit knapp 70 Leistungen in HZD-Verantwortung aufnehmen zu können.
OZG 2.0 und ein Fünf-Punkte-Plan
2022 sind die zentralen Aufgaben der HZD – neben der Umsetzung der OZG-Leistungen – die Überführung und Zusammenführung der aktuellen Projekt- und Betriebsstränge in den Regelbetrieb der HZD-Verfahrens- und Betriebsabläufe. Auch nach 2022 wird und muss es weitergehen. Der Standardbetrieb der bis dahin fertiggestellten Leistungen (insbesondere im bundesweiten Kontext) wird alle Beteiligten weiter beschäftigen. Neue eigene Leistungen werden zu entwickeln sein, alte müssen ggf. nach Gesetzesänderungen angepasst werden. Andere Bundesländer werden weitere EfA-Leistungen bereitstellen, die die hessischen Ressorts mitnutzen möchten.
Abseits der eigentlichen technischen Themen drängen einige Länder bei der Bundesregierung auf eine Weiterentwicklung des OZG. In einem gemeinsamen Positionspapier an den Bund schreiben Bayern, Baden-Württemberg, Brandenburg, Bremen, Berlin, Hessen, Rheinland-Pfalz, Sachsen und Thüringen für das weitere Vorgehen bei der Verwaltungsdigitalisierung fünf Punkte fest, die dabei für sie essenziell sind. So fordern sie eine qualitative Weiterentwicklung des OZG sowie eine effizientere und transparentere Steuerung und Finanzierung. Zudem müssten die sogenannten EfA-Leistungen wettbewerbskonform weiterentwickelt, das Gesetz in die Fläche und zu den Kommunen gebracht und der OZG-Rechtsrahmen zeitnah föderal weiterentwickelt werden.
Autorin/Autor des Beitrags
Dr. Petra Förg
Kunden-, Projekt- und Architekturmanagement bei der HZD
Oliver Giebel
Kunden-, Projekt- und Architekturmanagement bei der HZD