Zwei untereinander schwebende rosa Wolken vor blauem Himmel, die sich in der darunter liegenden Wasserfläche spiegeln

Steuerkurs auf die Multi-Cloud

Mit dem Vorhaben KONSENS wird die Steuer-IT in Deutschland nach dem Einer-für-alle- Prinzip bundesweit einheitlich entwickelt. Ab 2026 sollen die KONSENS-Softwareprodukte cloud- und containerready bereitgestellt werden. Für Hessen hat die HZD die Vorgaben der Steuerverwaltung zu cloudbasierten Lösungen besonders schnell umgesetzt: CLeKs ist das erste KONSENS-Verfahren in der Cloud.

Die IT der Steuerverwaltung zu modernisieren und zu vereinheitlichen ist eine gewaltige Aufgabe: Aufgrund der föderalen Strukturen sind lange Zeit in den über 500 deutschen Finanzämtern zahlreiche ländereigene IT-Systeme und Einzellösungen zum Einsatz gekommen.

Das 2007 in Kraft getretene Verwaltungsabkommen KONSENS bildet den Grundstein dafür, dieses komplexe und wenig effiziente Konstrukt abzulösen. Mit der einheitlichen digitalen Grundlage sollen bundesweit dieselben Voraussetzungen für die Festsetzung und Erhebung der aktuell 38 Steuerarten geschaffen werden. Dies stellt nicht nur eine Verbesserung für Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen dar, auch die Anwenderinnen und Anwender in den Finanzämtern profitieren davon. 

KONSENS: Einer für alle

KONSENS steht für Koordinierte neue Software-Entwicklung der Steuerverwaltung. Neben Hessen legen vier weitere sogenannte auftragnehmende Länder – Baden-Württemberg, Bayern, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen – in der Steuerungsgruppe IT die Strategie und die Architektur im Gesamtvorhaben KONSENS fest. Sie setzen auch das Verwaltungsabkommen nach dem Einer-für-alle-Prinzip um. Der Bund und die anderen Länder übernehmen und nutzen die entwickelten IT-Verfahren. Die Umsetzung und operative Verantwortung für die vielfältigen KONSENS-Aufgaben liegt in Hessen bei der HZD, die sich eng mit den KONSENS-Gremien sowie dem hessischen Finanzministerium und der Oberfinanzdirektion Frankfurt am Main (OFD) abstimmt.

In den vergangenen 18 Jahren wurden vom KONSENS-Verbund etliche alte Bearbeitungssysteme durch einheitliche IT-Lösungen ersetzt, neue Standards geschaffen und digitale Prozesse automatisiert. Das bekannteste IT-Verfahren ist ELSTER, die elektronische Steuererklärung. Für das ebenfalls sehr wichtige Kernverfahren GINSTER (Grundinformationsdienst Steuer) hat Hessen die Hauptverantwortung; die darin bereitgestellten Stammdaten fließen in jeden Bescheid der Einkommensteuer ein. Mit den standardisierten KONSENS- Verfahren erleben die bundesweit rund 100.000 User in den Finanzämtern die Nutzeroberfläche in einem einheitlichen „Look and Feel“ und profitieren von mehr Systemstabilität und Funktionen. Durch den länderübergreifenden Zugriff auf Daten und deren Übermittlung können Steuerangelegenheiten wesentlich leichter und effizienter bearbeitet werden. 

Hessen nimmt bei der IT für die Steuerverwaltung bundesweit und im KONSENS-Verbund eine Vorreiterrolle ein. Dementsprechend setzen wir auf State-of-the-Art-Lösungen, die uns den höchsten technologischen Entwicklungsstand bieten.

Michael Hohmann Leiter der Zentralabteilung im HMdF

SteuerCLOUD voraus

Durch den KONSENS-Verbund hat die Steuerverwaltung in Deutschland einen sehr hohen Digitalisierungsstand. Um diesen weiter voranzutreiben, hat KONSENS für alle bundesweiten IT-Vorhaben eine eigene Technische Zielarchitektur (TZAK 2025) beschlossen. In dieser ist festgehalten, dass alle ab 2026 programmierten KONSENS-Softwarelösungen ausschließlich cloud- und containerready bereitgestellt werden müssen. Hessen hat bereits die Landesstrategie der Hessischen Steuerverwaltung darauf ausgerichtet, zügig eine „SteuerCLOUD“ aufzubauen. CLOUD steht in diesem Fall für Cloudbasierte Lösungen für eine organisierte und unabhängige Datenverarbeitung. Darüber hinaus setzt die Hessische Steuerverwaltung auch bei eigenen Landesanwendungen und insbesondere für die KI-Verfahren notwendigerweise auf den Betrieb innerhalb der Cloud-Umgebung. 

Wie eine Startrampe geformte Wolke vor rotem Hintergrund, in die ein aufsteigendes Säulendiagramm integriert ist

Hohe Anforderungen an die SteuerCLOUD

Das interdisziplinäre Projektteam Steuer- CLOUD, das sich aus Expertinnen und Experten der HZD und OFD zusammensetzt, hat klare Vorstellungen, welche Anforderungen die Cloud-Lösung garantiert erfüllen soll. Dazu gehören die Einhaltung aller notwendigen Sicherheitsstandards wie der DSGVO-Konformität, die Wahrung des Steuergeheimnisses sowie die Erfüllung des BSI-Grundschutzes und des Kriterienkatalogs C5 (Cloud Computing Compliance Criteria Catalogue/C5-Testat). Zudem muss die Lösung mandanten- und mehrländerfähig, performant und skalierbar sein.

Eine besondere Herausforderung stellt die uneingeschränkte Konformität zu allen KONSENS-Vorgaben, beispielsweise aus der Technischen Zielarchitektur, dar. Die einheitlichen Standards garantieren das medienbruchfreie Zusammenspiel bei der Verfahrensentwicklung innerhalb des KONSENS-Verbunds. In der TZAK ist festgelegt, welche Infrastruktur, Datenbanken oder Entwicklungswerkzeuge verwendet werden dürfen – oder müssen. Weitere Vorgaben betreffen die Containerisierung, Authentifizierung, Message-Broker, Monitoring-Tools oder Storage- Leistungen.

Und schließlich soll die Cloud-Lösung den kosteneffizienten und verwaltungsarmen Zugang zu zukunftsweisenden KI-Ressourcen garantieren ebenso wie zu allen gängigen Cloud-Service- Modellen wie IaaS, PaaS, SaaS oder Namespaces-aaS. 

Schnell war sich das Projektteam einig, dass die verschiedenen Anforderungen aus KONSENS und den Landesentwicklungen am besten mit einem Multi- Cloud-Ansatz umzusetzen sind. Die SteuerCLOUD besteht dabei aus zwei wesentlichen Elementen:

  • dem „SteuerCLOUD-Portal“ – einer webbasierten Self-Service-Zugangsplattform, über die länderübergreifend die vielfältigen Cloud-Services unkompliziert und verwaltungsarm bezogen werden können und
  • einer Multi-Cloud-Architektur, die aus mehreren leistungsfähigen Cloud-Plattformen besteht und umfassende, moderne KI-Hardware einschließt.

Mit diesem Leistungsportfolio der SteuerCLOUD ist ein einfacher Zugang zu einer modernen Cloud- und Container- Plattform gewährleistet – ein unverzichtbarer Mehrwert, insbesondere im Kontext der Entwicklung von neuen containerbasierten Fachverfahren wie KONSENS-Grundsteuer oder auch der eAkte für Gerichte (eSPOG), deren Einsatz zum 1. Januar 2026 verpflichtend ist.

Im Projekt SteuerCLOUD hat die HZD als Multi-Cloud-Anbieter den operativen Part: Zum einen stellt sie umfangreiche Betriebs- und Infrastrukturleistungen aus den Rechenzentrumsstandorten zur Verfügung. Zum anderen entwickelt und pflegt sie das Steuer- CLOUD-Portal. Das Angebot der HZD umfasst daneben aber auch Cloud-Produkte, in deren Mittelpunkt die Containerisierung von Anwendungen steht. Komplettiert wird es durch umfassende Services wie die Beratung und Prüfung der Cloud-Readiness von IT-Verfahren sowie den gesamten Onboarding- Management-Prozess des Projekts, um neue Fachverfahren auf die Steuer- CLOUD zu bringen. Bei Bedarf werden IT-Verfahren für den Einsatz in der Cloud angepasst oder Cloud-native- Lösungen entwickelt.  

Mann im Anzug mit wolkenförmigem Aktenkoffer vor rotem Hintergrund, darum angeordnet drei Kennzahlen der Steuercloud-Aktivitäten: 1 maschinelles Clearing, 20 Bausteine für die TSAK, 1.000 SEU-User

CleKS auf der SteuerCLOUD

Erste KONSENS-Verfahren und -Services sind bereits über das On-prem- Angebot der HZD verfügbar. Das wichtigste ist CleKS, das Clearingverfahren Körperschaftssteuer, für das Hessen als zentrale Produktions- und Servicestelle die Verantwortung hat. Seit Januar 2025 ist es auf der SteuerCLOUD produktiv in Betrieb.

Die Körperschaftsteuer, die auf das Einkommen von Unternehmen erhoben wird, ist eine Gemeinschaftsteuer – die Steuereinnahmen werden aufgeteilt und fließen zu je 50 Prozent in den Haushalt von Bund und Land. Hat ein Unternehmen Betriebsstätten in mehreren Ländern, wird der Länderanteil nochmals gesplittet. In Quartalslisten beziffert ein Land dann seine Ansprüche oder Schulden aus der Körperschaftsteuer gegenüber jeweils einem anderen Land; daraus errechnet das Bundesministerium der Finanzen die jeweiligen Zahlungsverpflichtungen. Vor der Einführung von CleKS wurden die insgesamt 240 Quartalslisten auf der Basis individueller Länderverfahren erstellt – die Bandbreite reichte von relativ ausgeklügelten Abrechnungssystemen bis hin zu einfachen Excel- Tabellen.

Mit CleKS gibt es nun ein einheitliches Verfahren, bei dem das Clearing, also die Zerlegung der Körperschaftsteuer, maschinell abgewickelt wird. Der Aufwand für die zuständigen Finanzämter, die die Quartalslisten erstellen, wird damit deutlich verringert. Zudem entfällt die Pflege und Wartung der Anwendung, wenn sie zentral auf der SteuerCLOUD bereitgestellt wird. Alexander Wöhrle, verantwortlicher Projektleiter für CleKS bei der HZD, über den aktuellen Status: „Im zuständigen hessischen Finanzamt wird CleKS bereits seit Anfang 2025 für die Erstellung der Quartalslisten genutzt. Nach der Testphase werden Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz Ende September in die Quartalsabrechnung einsteigen.“ Auch in allen anderen Ländern wird CleKS sukzessive ausgerollt werden. 

Microservices mit positivem Nebeneffekt

Ein weiterer, wichtiger Meilenstein war der Cloud-Umzug der Software-Entwicklungsumgebung KONSENS (SEU): Sie wird von Hessen in der zentralen Produktions- und Servicestelle ZPS ITSM betrieben und den anderen auftragnehmenden Ländern zur Verfügung gestellt. Auf der SEU lassen sich alle elementaren Prozesse der Softwareentwicklung vom Skripting hin zu Build, Deployment und Test abbilden. Als Kollaborationsplattform für die Softwareentwicklung bietet die SEU einen einheitlichen Arbeitsplatz mit Open-Source-Standards und den Zugriff auf wichtige Werkzeuge wie Quellcode-Verwaltung oder Container- Laufzeitumgebung.

Ein wichtiges Element ist SAMS-KONSENS, das „Software Artefakte Management System KONSENS“. Es dient der Ablage und Verteilung von Softwareartefakten. „Die SEU ist in der Cloud-Umgebung noch schneller einsatzfähig als zuvor und bietet außerdem ganz neue Möglichkeiten“, berichtet Karsten Pflock, Leiter der Abteilung „Verfahren der Steuerverwaltung“ in der HZD. Dies zeigt sich auch im Wachstum der SEU-Userzahlen, die in den letzten 12 Monaten von 600 auf rund 1.000 angestiegen sind.

Die sogenannten Microservices – also kleine Anwendungen innerhalb eines größeren IT-Verfahrens – können im Idealfall einzeln entwickelt und betrieben werden und arbeiten gleichzeitig zusammen. Für KONSENS bietet das den enormen Vorteil, dass künftig bei Aktualisierungen oder Änderungen nur noch das entsprechende Modul angepasst werden muss und nicht mehr das gesamte System, das hinter einem IT-Verfahren steckt. Von diesem Vorteil profitieren auch die Länder, die die Software übernehmen, sowie die Finanzämter: Nach der Bereinigung von Fehlern oder dem Aufspielen neuer Versionen sind deutlich seltener zeitaufwändige, das Gesamtsystem betreffende komplexe Installationen nötig. Neben komplett neuen, cloudbasierten Softwareentwicklungen wie CleKS werden nach und nach auch bestehende Verfahren und deren Weiterentwicklungen von klassischer IT-Architektur auf Microservices wechseln und die Vorteile der KONSENS-SEU nutzen. 

Die SEU ist in der Cloud-Umgebung noch schneller einsatzfähig als zuvor und bietet außerdem ganz neue Möglichkeiten.

Karsten Pflock Leiter der HZD-Abteilung Verfahren der Steuerverwaltung

Ausblick

Bis Ende 2026 ist die Verfahrenspipeline bereits gut gefüllt und legt fest, wann bei welchem Verfahren das Deployment auf die SteuerCLOUD stattfinden soll und wer die Entwicklungs-, Test- oder Produktivumgebung benötigt. Auf der Liste steht beispielsweise Picasso, ein Bestandteil des KONSENS-Verfahrens Risikomanagementsystem RMS/RMS-Veranlagung, für das Bayern verantwortlich ist und als ZPS fungiert. Picasso wird auf der SteuerCLOUD bereitgestellt – der bundesweite Zugriff ist für Dezember 2025 geplant. Weitere Beispiele sind KONSENS-Grundsteuer als einheitliches Fachverfahren für die Grundsteuer sowie PERLE für die Erbschaft- und Schenkungsteuer, welche zum übergeordneten Verfahren ELFE (Einheitliche, länderübergreifende Festsetzung) gehören.

Angesichts dieser großen Nachfrage nach hochverfügbaren, ausfallsicheren und skalierbaren Cloud-Lösungen wird das Angebot der SteuerCLOUD dazu beitragen, sowohl die Arbeit des KONSENS- Verbunds als auch der Finanzämter zu erleichtern und flexibler und effizienter zu gestalten. 

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