Dreidimensionales Gebilde, das dem Nervensystem nachempfunden ist und dessen Nervenzellen an Taucherglocken erinnern

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Eine Kooperation zwischen Hessen und Thüringen im Bereich der Steuer-IT zeigt, wie Leistungen von Rechenzentren länderübergreifend effizient genutzt werden.

Rechenzentren gelten als Rückgrat der Digitalisierung: Sie liefern die Rechenkapazität und Netzwerkinfrastruktur für unzählige Verwaltungsprozesse, hier erfolgt die Speicherung und Verwaltung von Daten. Damit bilden sie die technologische Basis und machen es erst möglich, digitale Anwendungen und Services für die Verwaltung bereitzustellen und effizient zu betreiben. Die zunehmende Digitalisierung in allen Lebens-, Wirtschafts- und Verwaltungsbereichen und die ständige Verfügbarkeit von IT-Diensten erfordert es, die Leistungen in Rechenzentren kontinuierlich weiter auszubauen. Einschneidende Ereignisse wie die Corona-Pandemie mit der damit einhergehenden Arbeitsverlagerung ins Homeoffice und technologische Entwicklungen wie die Cloud-Technologie oder KI beschleunigen diesen Trend zusätzlich. Dabei befindet sich der Betrieb von Rechenzentren immer in einem Spannungsfeld, in dem Faktoren wie Hochverfügbarkeit und Betriebsstabilität, Nachhaltigkeit und Energiebedarf, Datensicherheit und digitale Souveränität und nicht zuletzt die Kosteneffizienz gekonnt überein gebracht werden müssen.

Auch in der öffentlichen Verwaltung befassen sich die Landes-IT-Dienstleister mit diesen Fragen: Wie kann man in den Rechenzentren eine höhere Wirtschaftlichkeit und Betriebsstabilität erreichen, die Qualität steigern und gleichzeitig Risiken verringern? Immerhin laufen über deren Systeme unzählige anspruchsvolle Verfahren und Anwendungen für Ministerien und unterschiedlichste Behörden wie Finanzämter, Polizeidienststellen, Landes- und Amtsgerichte, Sozialämter, Schulen etc. Hinzu kommt die Speicherung der dazugehörigen hochsensiblen Daten. An das Netz der HZD sind insgesamt rund 2.300 Dienststellen in Hessen angeschlossen. Den reibungslosen Betrieb gewährleistet die HZD mit leistungsfähigen Systemen in den drei Rechenzentren. Hinzu kommen weitere Digitalisierungsvorhaben und IT-Verfahren auf Bundesebene und über die hessischen Landesgrenzen hinweg, wie beispielsweise das elektronische Wohngeldverfahren oder die KONSENS- Verfahren. 

Ressourcen bündeln

Stichwort KONSENS: Die gemeinsame Entwicklung einer einheitlichen Software für die Steuerverwaltung zeigt, wie gut eine arbeitsteilige Zusammenarbeit und Ressourcenbündelung gelingen kann. Dass dies auch bei einer gemeinsamen Nutzung von Rechenzentrumskapazitäten sehr gut funktioniert, zeigt die Kooperation zwischen den Finanzministerien Hessen und Thüringen: Im Juni 2018 unterzeichneten die beiden ein Abkommen, um beim Betrieb von Großrechnerverfahren in der Finanzverwaltung eng zusammenzuarbeiten. 2019 verlagerte das Landesrechenzentrum in Thüringen erfolgreich seine IT-Infrastruktur sowie zentrale Steuerverfahren von Erfurt in die Rechenzentren der HZD. Seitdem werden die Steuerbescheide des Freistaats Thüringen in der HZD gerechnet. 

Stilisierte Deutschlandkarte, darauf farbig markiert die beiden gemeinsam Rechenzentrumsleistungen nutzenden Bundesländer

Vorbereitung der Migration

Vorausgegangen war eine eineinhalbjährige Vorbereitungsphase, in der das Thüringer Landesrechenzentrum (TLRZ) und die HZD die Basis für die Kooperation analysiert und Handlungsfelder bestimmt hatten. Im Fokus stand zunächst die Verlagerung der Steuerverfahren KONSENS I und KONSENS sowie des Bezügeverfahrens DAISY. Dafür erstellten die beiden Landes- IT-Dienstleister zunächst ausführliche Migrations- und Betriebskonzepte, die alle wesentlichen Punkte abdeckten – von der Netzinfrastruktur über Punkte wie Mainframes, Storage, Datensicherung, Archive und Monitoring bis hin zu Basisdiensten, ITSM-Prozessmanagement und Incident- und Change-Managements.

Zu den ersten Schritten der Migration gehörte es, eine Standleitung zwischen den Rechenzentren herzustellen. Es folgten mehrere Monate umfangreicher Vorbereitungen, unter anderem mit sogenannten Schattenläufen, bei denen die Thüringer Bezügeverfahren in Hessen parallel zu den „echten“ Bezügeverfahren in Erfurt gerechnet wurden. Damit sicherten die IT-Spezialistinnen und -Spezialisten die Performance sowie die Richtigkeit der Abrechnung in der HZD-Infrastruktur ab. Außerdem hielten die Test- und Entwicklungsteams in Drehbüchern minutiös die Aktivitäten für die Migrationswochenenden fest. 

Einsparpotenzial und „Pay per use“

Nach der erfolgreichen Verlagerung des Bezügeverfahrens DAISY und der Steuerverfahren KONSENS I und KONSENS folgte die Migration der Thüringer ELSTER-Landeskopfstelle. Fast alle steuerlichen Verfahren, die für die tägliche Arbeit in den Thüringer Finanzämtern erforderlich sind, liegen seitdem auf Servern und Großrechnern der HZD und laufen ohne nennenswerte Störungen im Regelbetrieb.

„Durch die gemeinsame Nutzung von Mainframes, Backendsystemen und Virtualisierungsumgebungen konnten wir erhebliche Einsparungen realisieren“, betont Peter Lacher, der das Kooperationsvorhaben in der HZD verantwortet. „In der HZD werden ausschließlich die vorhandenen Mainframe-Kapazitäten sowie rund 550 virtualisierte Server der HZD im Rahmen der Kooperation genutzt. Es war also keine Aufrüstung der Systeme nötig. Das TLRZ dagegen konnte seine Mainframe-Infrastruktur komplett abbauen. Dies wirkt sich sehr positiv auf die Kosten und Nachhaltigkeit aus, da beispielsweise Energie- und Wartungskosten für die Mainframes sowie deren Kühlung wegfallen.“

Mittlerweile haben sich der Betrieb, die Prozesse und Kommunikationskanäle so gut etabliert, dass das Finanzministerium Thüringen der HZD weitere Aufgaben übertragen möchte. Dies wäre auch ein Vorteil mit Blick auf die anstehende Sanierung des thüringischen Rechenzentrums.

Für die Kosten gilt das Pay-per-use- Prinzip: Das Thüringer Landesrechenzentrum als Auftraggeber zahlt für die Nutzung der Rechenzentrumsleistungen die in Anspruch genommenen Mengen (z.B. Anzahl virtueller Maschinen, Storage, Datenspeicherung oder Mainframe-Nutzung) zu vorab festgelegten Preisen.

Investition in die Zukunft

Auf die erfolgreiche Kooperation zur gemeinsamen Nutzung der Rechenzentrumskapazitäten sind mittlerweile auch anderer Bundesländer aufmerk- 255.000 NETZWERKANSCHLÜSSE sam geworden und haben konkretes Interesse an einer Zusammenarbeit mit der HZD signalisiert. Unabhängig davon investiert die HZD weiter in ihre Rechenzentren, um mit hochleistungsfähigen Komponenten den stabilen Betrieb von Fachverfahren sowie einen schnellen und sicheren Datenaustausch für die Behörden zu garantieren. Dazu gehören die ständige Anpassung von Sicherheits- und Qualitätsstandards, die Zertifizierung der Rechenzentren nach BSI-Vorgaben ebenso wie die Virtualisierung der Server oder der Ausbau der Multi-Cloud-Angebote. Von diesen Investitionen in die Rechenzentren profitieren die bestehenden Kunden ebenso wie künftige Kooperationspartner, denen die HZD verlässliche, sichere und effiziente Rechenzentrumsleistungen garantiert. 

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