Louisa Solonar-Unterasinger, hessische CIO, und Thomas Kaspar, Technischer Direktor der HZD, an einem Tisch sitzend im Gespräch

Tempo, Teamwork, Transformation

Louisa Solonar-Unterasinger ist seit April 2025 CIO des Landes Hessen. Gemeinsam mit Thomas Kaspar, dem Technischen Direktor der HZD, blickt sie auf den Stand der Digitalisierung in Hessen. Im Fokus: gemeinsame Ziele, vertrauensvolle Zusammenarbeit, Tempo bei der Umsetzung und die Frage, wie Cloud, KI und klare Rollenbilder den digitalen Wandel voranbringen sollen.

INFORM: Frau Solonar-Unterasinger, rund 100 Tage im Amt sind ein guter Moment für eine erste Bilanz in Sachen Digitalisierungsziele und Zusammenarbeit mit der HZD. Wie fällt Ihr Resümee aus?

Louisa Solonar-Unterasinger: Ich ziehe eine sehr positive Bilanz. In enger Abstimmung mit Herrn Kaspar bin ich in eine gute Zusammenarbeit zwischen dem HMD und der HZD hineingewachsen, die von einem vertrauensvollen Verhältnis geprägt ist. Erste Fortschritte sind bereits sichtbar und entwickeln sich auf diesem Fundament, wie z. B. das Programm Cloud-Transformation, dessen Finanzierung wir sichergestellt haben.

Natürlich gibt es auch Herausforderungen, die wir gemeinsam anpacken müssen. Dazu zählt das Thema Deutschland-Stack aus dem Koalitionsvertrag der Bundesregierung. Hier sind noch viele Fragen offen – insbesondere, was die Rollen und Aufgaben der Länder betrifft.

Für die Digitalisierungsvorhaben in Hessen wünsche ich mir mehr Tempo. Wir haben zwar schon einiges erreicht, können aber noch schneller werden. Dabei kann uns auch das Thema KI helfen, das ich noch stärker in die Verwaltung bringen möchte. Mit der HZD als Partner sind wir hierfür gut aufgestellt. 

Ich ziehe eine sehr positive Bilanz. In enger Abstimmung mit Herrn Kaspar bin ich in eine gute Zusammenarbeit zwischen dem HMD und der HZD hineingewachsen, die von einem vertrauensvollen Verhältnis geprägt ist.

Louisa Solonar-Unterasinger CIO des Landes Hessen

INFORM: Die digitale Verwaltung ist Ihnen nicht fremd, denn zuvor haben Sie u.a. das Multiprojektmanagement und die IT-Koordination im österreichischen Bundesministerium für Finanzen verantwortet. Welche Erfahrungen aus Österreich bringen Sie mit, und was könnten wir in Hessen daraus lernen?

Louisa Solonar-Unterasinger: In Österreich habe ich oftmals einen anderen Zugang und eine andere Herangehensweise an Digitalisierungsprojekte erlebt. Diese ist stärker bedürfnisgetrieben und eher nach dem Prinzip „bottom-up“ gedacht: Wenn es ein konkretes Problem auf Arbeitsebene gibt, muss schnell eine digitale Lösung her. Diese ist vielleicht nicht gleich perfekt, aber rasch verfügbar, und wird nach und nach weiterentwickelt.

In Deutschland, so mein Eindruck, funktioniert vieles noch nach „top-down“-Mentalität. Da braucht es zunächst eine Strategie und ein Zielbild, bevor man die Lösung entwickelt. Hier stimmt zwar das Große und Ganze, es ist vollumfänglich gedacht, aber man ist eben auch nicht so schnell in der Umsetzung. Beide Ansätze haben Vor- und Nachteile.

Porträt von Louisa Solonar-Unterasinger, CIO des Landes Hessen

INFORM: Herr Kaspar, deckt sich diese Einschätzung mit Ihren Erfahrungen in der öffentlichen Verwaltung?

Thomas Kaspar: Ich habe den großen Vorteil, dass ich die Verwaltung von zwei Seiten kenne: aus der Perspektive des Beraters und als Akteur der Verwaltung selbst. Dadurch konnte ich verschiedene Einblicke erhalten und ganz unterschiedliche Erfahrungen sammeln.

Frau Solonars Eindruck deckt sich mit einigen meiner Erfahrungen. Genau dort, wo mehr Schnelligkeit wünschenswert wäre, können wir mit dem guten Vertrauensverhältnis, das wir zwischen HMD und HZD aufgebaut haben, vieles bewegen. Wenn man sich vertraut – und dazu gehört immer auch die gegenseitige Fehlertoleranz, die Irrwege als selbstverständlichen Teil des Prozesses anerkennt – können wir die großen Digitalisierungsziele in Hessen ein ganzes Stück vorantreiben. 

Ich habe den großen Vorteil, dass ich die Verwaltung von zwei Seiten kenne: aus der Perspektive des Beraters und als Akteur der Verwaltung selbst. Dadurch konnte ich verschiedene Einblicke erhalten und ganz unterschiedliche Erfahrungen sammeln.

Thomas Kaspar Technischer Direktor der HZD

INFORM: Welche weiteren Impulse nehmen Sie, Herr Kaspar, seit dem Amtsantritt von Frau Solonar-Unterasinger besonders wahr?

Thomas Kaspar: Neben dem bereits angesprochenen Vertrauensverhältnis nehme ich ein großes Bewusstsein für die Rolle und die Leistungsfähigkeit der HZD wahr. Denn wir sind nicht nur Erfüllungsgehilfe und Dienstleister. Wir verstehen uns als Full-Service-Provider, der das ganze Spektrum – von IT-Betrieb und Anwendungsmanagement über Entwicklung und Strategie bis hin zu Support und Fortbildung – abdeckt.

In Bezug auf Cloud bedeutet das beispielsweise: Die HZD stellt nicht nur Cloud bereit, sie ist auch als Cloud-Broker tätig, setzt also auch Lösungen von außerhalb ein. Dieses Bewusstsein hat sich in meiner Wahrnehmung in den letzten Monaten noch weiter geschärft. Die Gespräche laufen im Übrigen auf vielen Ebenen gleichzeitig und nicht nur über mich als „Nadelöhr“. Diese Art der Führung und Steuerung nehme ich als weiteren positiven Impuls wahr. 

Porträt von Thomas Kaspar, Technischer Direktor der HZD

INFORM: Von der engen Zusammenarbeit zwischen dem Hessischen Digitalministerium und der HZD hängt auch der Erfolg der Verwaltungsdigitalisierung ab. Wie können wir als Land Hessen die Synergien optimal nutzen?

Louisa Solonar-Unterasinger: Wir können als Land nur erfolgreich sein, wenn wir an einem Strang ziehen und auf das gleiche Ziel hinsteuern. Hier gibt es viele gemeinsame Themen, an denen wir zusammenarbeiten müssen, um gute Lösungen zu erzielen. Das sind beispielsweise skalierbare Plattformen, Standards oder eine enge Abstimmung, vor allem bei den großen Digitalisierungsprojekten. 

Thomas Kaspar: Man muss sich auf seine Stärken konzentrieren und seine Schwächen eingestehen. Ich erwarte von einem Digitalministerium nicht, das beste Rechenzentrum zu sein. Diese Stärke bringen wir in der HZD mit. Das HMD hingegen ist gut darin, politisches Verständnis und strategische Kompetenzen in die Digitalisierungsvorhaben in Hessen einzubringen. Wir tun als HZD gut daran, Verständnis für diese strategischen Kompetenzen aufzubringen. Genauso wie natürlich auch das HMD für die richtigen strategischen Entscheidungen ein gewisses operatives Verständnis braucht, um die gewünschte politische Durchschlagskraft zu erzielen.

Auf Basis dieser komplementären Partnerschaft können wir Hessens Rolle in den wichtigen deutschen Digitalisierungsgremien wie dem IT-Planungsrat stärken. Denn genau dort bringen die CIO und der Staatssekretär für Digitales die hessischen Strategien, Forderungen und Messages in den gesamtdeutschen Digitalisierungsprozess mit ein und partizipieren an Entscheidungen, die uns alle gleichermaßen betreffen. 

Auf Basis der komplementären Partnerschaft von HMD und HZD können wir Hessens Rolle in den wichtigen deutschen Digitalisierungsgremien wie dem IT-Planungsrat stärken.

Thomas Kaspar Technischer Direktor der HZD

Louisa Solonar-Unterasinger: Das sehe ich ähnlich: Das HMD sollte die Strategie federführend vorgeben. Zum anderen wünsche und erwarte ich mir, dass uns die HZD mit ihrem operativen Verständnis berät, um die Ideen technisch sinnvoll und klug in die Umsetzung zu bringen. Dieses Rollenverständnis ist eine wichtige Stellschraube, um die Synergien optimal heben zu können. 

INFORM: Inwiefern kann die HZD die übergeordneten Digitalisierungsziele für Hessen aktiv mitgestalten? Welche Kompetenzen kann die HZD dabei besonders wirksam einbringen?

Thomas Kaspar: Die HZD hat etliche Kernkompetenzen. Es gibt aber auch Bereiche, wo wir uns eingestehen müssen, dass andere besser sind. Deshalb setzen wir sehr stark auf Kooperationen wie beispielsweise auf unsere Mitgliedschaft bei der govdigital eG, der PSITA eG oder auch unsere Zusammenarbeit mit der ekom21, dem kommunalen IT-Service-Provider in Hessen. Hier eröffnen wir in der Gegenüberstellung unserer Portfolios gerade verschiedene Kooperationsfelder, in denen wir am meisten voneinander profitieren können – entweder, indem ein Partner vorhandene Kompetenzen einbringt oder auf Know-how der anderen Partei zurückgreifen kann. Das HMD hat sich inzwischen ein gutes Bild über die HZD verschafft und weiß, dass wir mehr tun, als nur Server zu betreiben. 

Es gibt gleich mehrere Themen, die ich prioritär voranbringen will und die als Stichworte bereits gefallen sind: Das ist allen voran die Cloud-Transformation, die dem HMD und mir besonders am Herzen liegt.

Louisa Solonar-Unterasinger CIO des Landes Hessen

INFORM: Was wollen Sie im nächsten halben Jahr gemeinsam für die Digitalisierung in Hessen erreicht haben?

Louisa Solonar-Unterasinger: Es gibt gleich mehrere Themen, die ich prioritär voranbringen will und die als Stichworte bereits gefallen sind: Das ist allen voran die Cloud-Transformation, die dem HMD und mir besonders am Herzen liegt. Auch das Thema KI und die Frage, wie wir sie schnell in die Verwaltung bringen, beschäftigt uns im Moment sehr. Außerdem haben wir kürzlich ein Projekt gestartet im Bereich Unified Communications and Collaboration, um ein neues Kommunikationssystem für Sprachanrufe, Videokonferenzen oder Instant Messaging im Land einzuführen, das alle Anforderungen der Verwaltung erfüllt. Auch die großen Digitalisierungsprojekte rund um die Einführung des Dokumentenmanagementsystems DMS 4.0 und der digitalen Personalakte werden uns in den kommenden Monaten stark beschäftigen.

Dazu kommt das Thema Deutschland- Stack, bei dem sich die konkreten Handlungsfelder wohl bald herauskristallisieren werden. All diese Aufgaben sind natürlich eingebettet in Rahmenbedingungen wie enge Haushalte, komplexe föderale Strukturen sowie einen Mangel an IT-Fachkräften – und das in einer Region, in der die Privatwirtschaft deutlich höhere Gehälter zahlt als die Verwaltung. Das Aufgabenbuch ist also gut gefüllt. 

Thomas Kaspar: Als wären das nicht schon ausreichend Vorhaben für die kommenden Monate, möchte ich noch die Registermodernisierung ergänzen und die komplexe Infrastruktur, die hierfür aufgebaut werden muss – das sogenannte National-Once-Only-Technical- System.

Vor dem Hintergrund knapper Budgets arbeiten wir zudem daran, in Sachen „Time and Material“ noch besser zu werden und die Ressourcen noch effektiver einzusetzen, indem wir bestimmte Leistungen beispielsweise als Managed Service erbringen lassen. Werden dadurch Ressourcen frei, könnte das den Freiraum für zusätzliche Projekte schaffen.

Und das Thema Sicherheit steht natürlich weit oben auf der Agenda. Hier schieben wir gerade ein großes Projekt an, um die Sicherheit und Resilienz im Land weiter zu verbessern. Auch hier werden übrigens Kooperationen ein Schlüssel zum Erfolg sein.

INFORM: Wir danken Ihnen für das Gespräch.