Farblich verfremdetes Foto von gestapelten Aktenordnern und darüber gelegter Grafik aus stilisierter Akte und den Zahlen 1 und 0

Die Akte ist tot. Es lebe die E-Akte!

Der Gesetzgeber lenkt die deutschen Gerichte und Staatsanwaltschaften mit der Pflicht zur elektronischen Akte (E-Akte) in die digitale Zukunft und traut den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Justiz somit einen epochalen Wandel zu. In der Konsequenz geht eine über Jahrhunderte in Papier geübte Arbeitsweise in den Ruhestand: Ab 2026 sind in fast allen Verfahrensarten an deutschen Gerichten und Staatsanwaltschaften E-Akten zu führen. Neben der elektronischen Kommunikation, die bereits seit 2022 gesetzlich verpflichtend ist, eröffnet die E-Akte nun die durchgehend elektronische Bearbeitung. Die Papierberge in der hessischen Justiz gehören damit absehbar der Vergangenheit an.

Organisatorisch gilt es nun, in 85 Gerichten und Staatsanwaltschaften knapp 10.000 Arbeitsplätze sowie rund 450 Sitzungssäle für die neue Arbeitsweise zu befähigen und auszustatten. Im Kern steht der neue ergonomische elektronische Arbeitsplatz, der eine Kombination von Softwareprodukten und einer darauf abgestimmten Hardwareausstattung bereithält. Die Entwicklung einer solch umfangreichen und auf die Bedürfnisse der hessischen Justiz angepassten Software konnte nur in Zusammenarbeit mit starken Partnern wie der HZD und dem sogenannten e2-Verbund gelingen, zu dem sechs Landesjustizverwaltungen gehören.

Auch, wenn die Trennung vom Papier vereinzelt noch schwerfallen mag: Die papierlose Zukunft der Justiz hat begonnen.

Entscheidende Wegmarken für die Einführung in Hessen sind bereits genommen. Das Landgericht Limburg und das Sozialgericht Kassel haben die E-Akte für die Landgerichte und (erstinstanzlichen) Sozialgerichte erprobt und zur Praxisreife geführt. Weitere Pilotprojekte laufen in der Staatsanwaltschaft Darmstadt, dem Hessischen Landessozialgericht sowie dem Verwaltungsgericht Kassel. Im November hat das Amtsgericht Bad Homburg den Pilotbetrieb der ersten amtsgerichtlichen Software begonnen. Damit tritt das Projekt zur Einführung der E-Akte, das von der IT-Stelle verantwortet wird, in eine neue Phase ein.

Während der Fokus bislang auf technischen und fachlichen Erprobungen sowie konzeptionellen Arbeiten lag, steht nun der flächendeckende Rollout an. Die IT-Stelle und die HZD haben dafür im Auftrag des Hessischen Ministeriums der Justiz die Gesamtplanung aktualisiert und gemeinsam ein detailliertes, hoch standardisiertes Vorgehensmodell entwickelt: Der IT-Stelle obliegen die Gesamtkoordination, die Softwareanpassung, die Arbeitsplatz- und Sitzungssaalausstattung sowie die Erprobungen und Einführungen inklusive Schulungen und Support. Die HZD übernimmt den Verfahrensbetrieb aller beteiligten Systeme für die Justiz und steuert zu den einzelnen Einführungsabschnitten die benötigten Systeme punktgenau bei – von Engineering- über Schulungs- bis zu Produktionssystemen.

Der neue Arbeitsplatz und das überarbeitete Vorgehensmodell werden ab Anfang 2023 die Chance haben, sich in der Fläche zu beweisen, wenn die E-Akte sukzessive in den hessischen Landgerichten Einzug halten wird. Und auch, wenn die Trennung vom Papier vereinzelt noch schwerfallen mag: Die papierlose Zukunft der Justiz hat begonnen.

Gastautor des Beitrags

Sven Voss
Präsident der IT-Stelle der hessischen Justiz

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