Farblich verfremdetes Foto von gestapelten Handakten und darüber gelegter Grafik aus stilisiertem Haus und den Zahlen 1 und 0

Alle unter einem Dach

Bündelung im eJustice-Programm

Die Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs (ERV) und die Einführung der E-Akte sind komplex – zählen doch zahlreiche Projekte und Einzelvorhaben dazu, die aufeinander abgestimmt werden müssen. Um diese Herausforderung zu bewältigen, hat die HZD im April 2020 das Programm eJustice gestartet, um die bisherigen und zukünftigen Projektaktivitäten konsolidiert durchzuführen. Mit dem Programm bildet die HZD eine Klammer um die notwendigen Projekte: Dazu zählen neben der zentralen Koordination aller Anforderungen auch die projektübergreifende Steuerung der Umsetzung sowie ein einheitliches Controlling und Reporting.

Struktur und Aufbau des Programms

Das eJustice-Programm ist klassisch aufgebaut und besteht aus dem Programmmanagement, den acht Umsetzungsprojekten und dem e²-Engineering- Team. Ergänzend dazu gibt es Querschnittsfunktionen, zu denen die IT-Architektur, das Controlling, der IT-Betrieb, die IT-Sicherheit und das IT-Notfallmanagement zählen.

Das Programm läuft parallel zur Einführung der elektronischen Akte. Alle Vorhaben und Umsetzungsprojekte sollen daher bis zum 1. Januar 2026 abgeschlossen sein – dem Stichtag, ab dem die flächendeckende Nutzung der E-Akte rechtlich bindend ist. Dafür werden die verwendeten Module und Verfahren nach der projekthaften Einführung in den Linienbetrieb übernommen und dort von den Fachgebieten für das Verfahrensmanagement im Produktionsbetrieb betreut. Über die mehrfach zu durchlaufenden Rollout-Zyklen wird der Verfahrensbetrieb dann auf alle betroffenen Standorte der Justiz erweitert.

Das eJustice-Programm läuft parallel zur Einführung der elektronischen Akte. Alle Vorhaben und Umsetzungsprojekte sollen daher bis zum 1. Januar 2026 abgeschlossen sein – dem Stichtag, ab dem die flächendeckende Nutzung der E-Akte rechtlich bindend ist.

Die Umsetzungsprojekte

1. eJustice Infrastrukturmanagement

Dieses Projekt ist die Fortsetzung des Vorgängerprojekts zu Konzeption und Aufbau der eJustice-IT-Infrastruktur. Um dem Bedarf an hoher Verfügbarkeit der Services im e²-Verbund gerecht zu werden, hat die HZD die Infrastruktur in der Verfahrenscloud Hessen (VCH) aufgebaut. Sie wird von den Rechenzentren Mainz und Wiesbaden aus standortredundant betrieben.

Das laufende Projekt analysiert die aktuellen und zukünftigen Anforderungen an die IT-Infrastruktur und kümmert sich um deren weiteren Ausbau. So analysiert das Projekt beispielsweise, wie das hohe Datenspeicherwachstum der elektronischen Akte bewerkstelligt werden kann, welche Vorteile die Speichertechnologie S3 bringt oder wie die Container-Technologie künftig im e²- Umfeld Verwendung finden könnte.

2. eJustice e²-Rollout und e²-Engineering-Team

Das Projekt hat die Aufgabe, die Einführung der elektronischen Akte e²A, der elektronischen Textanwendung e²T und des elektronischen Posteingangs- und Postausgangsmanagements e²P für die hessischen Gerichte und Staatsanwaltschaften zu planen, vorzubereiten und durchzuführen.

Da ein einheitliches Fachverfahren noch in der Entwicklung ist, gibt es derzeit 15 verschiedene Fachverfahren in diversen e²-Komponentenausprägungen – jedes mit eigener IT-Historie. Die Anbindung dieser Verfahren an e² muss daher einzeln betrachtet werden. Diese Aufgabe übernimmt das e²-Engineering-Team. Es analysiert die Besonderheiten der einzelnen Fachverfahren, bereitet die Anbindung an die e²-Komponenten vor und führt gemeinsam mit der IT-Stelle Integrationstests und das Fehlermanagement durch. Die Steuerung des e²- Engineering-Teams erfolgt durch das Projekt e²-Rollout.

3. Flächendeckender ERV mit e²P

Dieses Projekt hatte zum Ziel, den elektronischen Rechtsverkehr (ERV) in Hessen durch die Einführung von e²P umzusetzen – bis zum 1. Januar 2022 musste der elektronische Schriftverkehr von Anwälten und Behörden mit den Gerichten verbindlich eingeführt werden. In Hessen konnte der Termin eingehalten werden. Dies war u.a. möglich, da auf die erfolgreiche Vorgängeranwendung eNachricht zurückgegriffen werden konnte. Die abschließende Migration von eNachricht zu e²P läuft noch bis Ende 2022 und wird vom Projektteam verantwortet. Zusätzlich sollen auch die hessischen Justizvollzugsanstalten am ERV teilnehmen, deren Anbindung über das Projekt erfolgt.

4. Durchführung eJustice Belastungsanalyse

Dieses Projekt stellt sicher, dass die IT-Landschaft der hessischen Justiz die zunehmend elektronische Nachrichtenanzahl und -größe bewerkstelligen kann. Hierzu hat die HZD eine Testumgebung aufgebaut. Anhand der Tests wird die maximal zu verarbeitende Anzahl und Größe der elektronischen Dokumente bei den Fachverfahren, den e²-Anwendungen und dem Elektronischen Gerichts- und Verwaltungspostfach (EGVP) ermittelt. Zusätzlich erfolgen Last- und Performancetests für diese Anwendungen. Die Ergebnisse haben für die erfolgreiche, zukunftssichere Umsetzung des elektronischen Rechtsverkehrs in Hessen eine sehr hohe Bedeutung.

5. eJustice WebScan

Trotz zunehmender Digitalisierung erhalten Gerichte und Staatsanwaltschaften immer noch Nachrichten und Dokumente per Briefpost. Um sie in der elektronischen Akte speichern zu können, müssen diese analogen Dokumente digitalisiert werden. Das Projekt eJustice WebScan installiert und konfiguriert in Zusammenarbeit mit der IT-Stelle die Scan-Software sowie die Scan-Systeme. In e²P erfolgt dafür zunächst eine Texterkennung. Hier werden die notwendigen Informationen aus dem gescannten Dokument gezogen, um diese anschließend per e²A in der entsprechenden E-Akte abzulegen.

6. Länderserver Akteneinsichtsportal

Um auch in der digitalen Welt eine Akteneinsicht zur ermöglichen, hat Baden- Württemberg ein zentrales Akteneinsichtsportal bereitgestellt. Damit es auch von allen genutzt werden kann, muss in den einzelnen Bundesländern jeweils ein Landesserver aufgebaut werden, der an den zentralen Server sowie an das landesspezifische E-Akten-System angebunden ist. Die Planung, Konzeption und Vorbereitung für die Anbindungen in Hessen läuft im Projekt „Länderserver Akteneinsichtsportal“. Über das Portal ist die Akteneinsicht per Antrag möglich. Die entsprechende E-Akte wird dafür automatisiert im PDF-Format auf dem jeweiligen Landesserver abgelegt. Antragstellende können sich daraufhin mit der SAFE-ID anmelden und über einen entsprechenden Link zur E-Akte gelangen.

7. Aufbau hessische SAFE-Instanz

SAFE ist die Abkürzung für „Secure Access to Federated eJustice / eGovernment“ und ist ein Identitätsmanagementsystem zur Authentifizierung und Autorisierung für den elektronischen Rechtverkehr. Die SAFE-ID ermöglicht die elektronische Identität und definiert Vertrauensstellungen unterschiedlicher Gruppen wie Gerichte, Rechtsanwälte, Notare oder auch Behörden. In Berlin existiert eine bundesweite SAFE-Instanz, die für die Justizanwendungen verwendet werden kann. Allerdings sind die Bundesländer angehalten, landesspezifische SAFE-Instanzen zu betreiben. Das Projekt „Aufbau hessische SAFE-Instanz“ baut für Hessen solch eine SAFE-Instanz in einer Test- und Produktionsumgebung bis Ende 2022 auf.

8. eJustice Schulungsumgebung

Um die e²-Anwendungen in den hessischen Gerichten und Staatsanwaltschaften verfahrenskonform und effizient nutzen zu können, sind Schulungen der Justizmitarbeitenden zwingend notwendig. Für diese Schulungen wurde eine eigene Umgebung aufgebaut, in der die e²-Komponenten e²A, e²T und e²P betrieben und regelmäßig auf die neuen Versionen aktualisiert werden. Bis 2025 werden zudem mehrmals im Jahr neue Fachverfahren an e² angebunden. Auch diese stellt das Projekt in der Umgebung termingerecht für den Start der Schulungen bereit.

Autor des Beitrags

Rainer Trott
Programmleitung eJustice bei der HZD