Mit der fortschreitenden Digitalisierung der Verwaltung haben sich auch für die hessische Justiz die Anforderungen in Sachen IT verändert. Zum einen braucht es skalierbare Speicher, um die rasant zunehmenden Datenmengen bewältigen zu können. Zum anderen muss eine Infrastruktur geschaffen werden, damit alle Akteure aus dem juristischen Umfeld behördenübergreifend und über die Ländergrenzen hinaus zusammenarbeiten können – samt einer einheitlichen Betriebsumgebung und einem gemeinsamen Datenraum zum Austausch von Unterlagen wie Beweismitteln oder Protokollen. Und letztendlich ist für die digitale Justiz auch eine ganze Reihe von Fachanwendungen gefragt, die im Idealfall von dem entwickelnden IT-Dienstleister über eine zentrale Plattform allen Bundesländern zur Nutzung bereitgestellt werden.

IT für die Justiz
Aktenzeichen: Cloud
Justizcloud als bundesweites Projekt
Genau diese Aufgaben soll die im Auftrag des Bundesjustizministeriums konzipierte, bundeseinheitliche Justizcloud übernehmen. Auf gemeinsamen Beschluss der Justizministerinnen und -minister von Bund und Ländern wird nun bis Ende 2026 schrittweise ein Produkt von hoher Relevanz für möglichst viele Akteure als Blaupause für weitere Serviceangebote aufgebaut.
Die Eckdaten des anspruchsvollen Vorhabens wurden im Rahmen einer Machbarkeitsstudie unter enger Beteiligung der Länder definiert. Das fachliche Zielbild sieht vor, dass die Justizcloud sich auf „Cloud-native-Verfahren“ konzentriert – also auf Lösungen, die gezielt als Cloud-Services entwickelt wurden. Diese sollen durch bereits bestehende Verfahren ergänzt werden, bei denen der Kosten-Nutzen-Aspekt eine Weiterentwicklung für den Betrieb in der Cloud rechtfertigt.
Als technisches Zielbild wurde festgelegt, die Justizcloud zunächst als Private Community Cloud aufzubauen, in der die Ressourcen der Landes-IT-Dienstleister gebündelt und insbesondere deren Infrastrukturen genutzt werden. Als Ausbauoption ist angedacht, zu einem späteren Zeitpunkt auch Leistungen privater Cloud-Anbieter einzubinden, sofern diese die rechtlichen und organisatorischen Rahmenbedingungen erfüllen. Derzeit wird in Baden-Württemberg ein Aufbaustab unter Mitwirkung eines Lenkungsausschusses mit Vertretern aus mehreren Ländern (darunter auch Hessen) zusammengestellt.
„Die bundeseinheitliche Justizcloud stellt ein, wenn nicht sogar das zentrale Bund-Länder-übergreifende Digitalisierungsvorhaben der Justiz in den kommenden Jahren dar. Beim Aufbau können und sollen sich alle Länder neben dem Bund mit ihrem rechtlich-organisatorischen, fachlichen und technischen Know-how einbringen. Letzteres zielt natürlich insbesondere auf die Landes- bzw. Justiz-IT-Dienstleister, die nicht nur Serviceleistungen sondern auch ihre Cloud-Kompetenz zur Verfügung stellen können. Die HZD erweitert gerade beim Aufbau der Cloud-Infrastruktur für den Betrieb des neuen bundesweit zum Einsatz kommenden Registerfachverfahrens AuRegis in Hessen ihre Expertise, die dann auch für die Justizcloud nutzbar gemacht werden könnte.“
Stephan Winterling, IT-Referatsleiter im Hessischen Ministerium der Justiz und für den Rechtsstaat
Cloud-Einstieg für Hessens Justiz
Mit ihrem ersten Cloud-native-Service für die hessische Justiz steht die HZD bereits kurz vor der Finalisierung: dem Fachverfahren AuRegis, das zum Führen von elektronischen Registern wie dem Handels- oder Vereinsregister dient. Die neue Software konsolidiert die bislang eingesetzten Programme AUREG und RegisSTAR und schafft damit einen einheitlichen Standard, der die bundesweite Kooperation der zuständigen Justizbehörden erheblich erleichtert.
Die Bereitstellung der AuRegis-Lösung der HZD erfolgt über ein Kubernetes- Cluster, das die flexible Verteilung des containerisierten Verfahrens auf die angebundenen Server erlaubt. Derzeit kommt die Cloud-Infrastruktur der HZD-eigenen Rechenzentren zum Einsatz. Für noch mehr Standortunabhängigkeit – und somit für eine noch höhere Ausfallsicherheit und Verfügbarkeit – ist die Integration von Server-Leistungen geeigneter Partner wie beispielsweise die Rhöncloud geplant.
Nach derzeitigem Planungsstand wird die Pilotierung von AuRegis im ersten Quartal 2026 starten. Ab Mitte 2026 kann das Verfahren in seiner jetzigen Form dann auch durch andere Bundesländer nachgenutzt werden.
Auf gutem Weg zum nächsten Verfahren
Einen weiteren wichtigen Baustein zur Digitalisierung der hessischen Justiz hat die HZD bereits im Visier: das Gemeinsame Fachverfahren GeFa. Diese Software ermöglicht die Erfassung, Bearbeitung und Verwaltung von Verfahrensdaten. Anwendende sind alle Gerichtsbarkeiten sowie die Staatsanwaltschaften.
Konzipiert wird GeFa von einem Team mit 70 Fachkräften aus allen Bereichen der Justiz, das von Dienstleistern aus den Bereichen Anforderungs-, Programm- und Testmanagement sowie Softwareentwicklung unterstützt wird. Die fertige Software wird nach erfolgreicher Pilotierung zur Nutzung bereitgestellt. Sobald die Anwendung verfügbar ist, wird die HZD sie für die Nutzung durch die hessischen Gerichte und Staatsanwaltschaften adaptieren.

Puzzlesteine für das große Ganze
Cloudbasierte Angebote sind auch bei der Digitalisierung der Justiz ein zentrales Element. Dabei bezieht der Transformationsprozess nicht nur Arbeitsabläufe und Prozesse innerhalb von Justizbehörden mit ein, sondern auch den Austausch mit weiteren Beteiligten wie beispielsweise Polizeidienststellen, anwaltliche Vertretungen oder Privatpersonen mit juristischen Anliegen.
Mit der elektronischen Akte in Strafsachen (eAS) hat die HZD bereits einen wichtigen Beitrag zur Zusammenarbeit mit externen Beteiligten – in diesem Fall der Polizei – geleistet. Die Überlegungen, wie man digitale Angebote noch flexibler nutzbar machen kann, gehen aber auch noch in ganz andere Richtungen. Aktuell beschäftigt sich ein Fachteam mit dem Thema „eJustice-Workplace“, einer hochverfügbaren, mit Cloud-Mechanismen zur Verfügung gestellten Arbeitsumgebung für die Justiz.
Die Entwicklung von cloudbasierten Lösungen ist der Beginn einer umfassenden Transformation. Mit jedem neuen Verfahren wächst das digitale Fundament der hessischen Justiz und schafft die Basis für eine zukunftssichere und vernetzte Arbeitsweise.