Grafische Visualisierung von Datenströmen, die als gepunktete Linien in einen verschlungenen Knoten fließen und als durchgehende bunte Linien herauskommen

Innovationen in die Praxis bringen

Das Innovationsmanagement der HZD im Spiegel der Strategie Digitales Hessen

Digitalisierung gemeinsam gestalten – das ist der erklärte Anspruch der HZD. Als der zentrale Full-Service-Provider des Landes Hessen will die HZD mit ihren Kunden und Partnern den Prozess der digitalen Transformation in der hessischen Landesverwaltung vorantreiben. „Motor und Gestalter“ des digitalen Fortschritts zu sein, setzt Einiges voraus: „Forschungsexpertise, Innovationskraft und reflektiertes Handeln“ benennt die Strategie „Digitales Hessen – Wo Zukunft zuhause ist“ der Hessischen Ministerin für Digitale Strategie und Entwicklung (HMinD), die gleichermaßen den Rahmen und die Perspektiven für diesen Prozess in Hessen definiert.

Für die Digitale Verwaltung – eins der sechs definierten Handlungsfelder – bedeutet das eine stetige Modernisierung und eine zeitgemäße Optimierung ihrer Abläufe. Dies geschieht unter Einbeziehung neuer Technologien schon in den großen strategischen Initiativen im Rahmen der OZG-Umsetzung, in ressortbezogenen Programmen wie der Digitalisierung Kultus und eJustice oder in der Cloud-Transformation. Neben der service- und nutzenorientierten Ausrichtung der Verwaltungsleistungen und deren umfassendem Onlineangebot stellt digitale Innovation einen weiteren Schwerpunkt innerhalb der Teilstrategie „Digitale Verwaltung Hessen 4.0“ (DVH 4.0) dar.

Hier setzt das Innovationsmanagement der HZD an, das die digitale Verwaltung von morgen in den Fokus nimmt und Innovationsmaßnahmen durchführt, die aus Mitteln des Innovationsbudgets des HMinD gefördert werden. Dabei betrachtet die HZD vorrangig solche Technologien, die auch außerhalb der Verwaltung noch relativ jung sind, und untersucht, wie diese einen Mehrwert für das Land liefern können – sei es im Hinblick auf die Wirtschaft, den Alltag der Bürgerinnen und Bürger oder auch innerhalb der Verwaltung.

Die Blockchain-Technologie ist ein Beispiel für eine Innovation, die im Hintergrund wirkt und im besten Fall nur mittelbar wahrgenommen wird, weil Verwaltungsprozesse einfacher und schneller ablaufen.

Dr. Markus Beckmann HZD Innovationsmanagement

Blockchain für die Vewaltung!?

Um Innovationen in die Praxis zu bringen, bedarf es aber auch eines Wissens- und Technologietransfers. So liegt es nahe, dass im Rahmen des Innovationsmanagements neben Partnern aus der IT-Wirtschaft die Kooperation mit Hochschulen eine wichtige Rolle spielt. Hier ist das Thema Blockchain ein besonders prägnantes Beispiel, bei dem die HZD im Rahmen einer Forschungskooperation mit der Goethe-Universität Frankfurt die Frage untersucht, wie diese Technologie in der Verwaltung genutzt werden kann. Auf den ersten Blick scheint diese Technologie, die auf gleichmäßig verteilte Rechte an Daten und anderen Werten setzt, in einer Verwaltung mit stark zentrierten Zuständigkeiten vielleicht ein wenig deplatziert. Doch schon das Once-only-Prinzip, das sicherstellen soll, dass in der Verwaltung digital erfasste Daten nur noch einmal erhoben und dann zwischen Behörden ausgetauscht und wiederverwendet werden sollen, macht deutlich, dass in der digitalen Verwaltung von morgen andere Mechanismen greifen könnten als zentrale Berechtigungsregister. Verteilte Berechtigungen für verteilte Daten könnten ein großes Anwendungsgebiet der Blockchain-Technologie in der Verwaltung sein. Dabei beschränkt sich die Blockchain-Maßnahme nicht auf die theoretische Untersuchung potenzieller Anwendungsfälle, sondern nimmt auch den praktischen Einsatz der Technologie in Verfahren in den Fokus.

Die Blockchain-Technologie ist ein Beispiel für eine Innovation, die im Hintergrund wirkt und im besten Fall nur mittelbar wahrgenommen wird, weil Verwaltungsprozesse einfacher und schneller ablaufen.

Prozesse effizienter gestalten

Auch die Automation von Prozessen findet „unter der Haube“ digitaler Anwendungen statt und macht sich nur indirekt durch schnellere Bearbeitungszeiten oder einen verbesserten Service bemerkbar. Ein weiteres Innovationsprojekt der HZD befasst sich daher mit der Robotic Process Automation (RPA). Diese Technologie dient dazu, Prozesse insbesondere da zu automatisieren, wo mangels technischer Schnittstellen Brüche in der digitalen Bearbeitung von Vorgängen auftreten. Dies dient nicht allein dazu, die Gesamtprozesse effizienter zu machen, sondern unterstützt auch eine bürgernahe Aufgabenerfüllung. So kann die Prozessautomation dazu beitragen, dass ein One-stop-Government-Angebot nicht nur 24 Stunden an jedem Tag des Jahres „geöffnet“ hat, um Anliegen entgegenzunehmen, sondern dass auch die Bearbeitung direkt einsetzt.

Kreisförmig angelegte Grafik, die im Zentrum gebündele Datenströme mit punktförmig dargestellten Daten und den Schlagworten Blockchain, Chatbot, Digital Twin und RPA kombiniert

Die Prozessautomation kann dazu beitragen, dass ein One-stop-Government-Angebot nicht nur 24 Stunden an jedem Tag des Jahres „geöffnet“ hat, um Anliegen entgegenzunehmen, sondern dass auch die Bearbeitung direkt einsetzt.

Dr. Markus Beckmann HZD Innovationsmanagement

Im digitalen Dialog mit Bürgerinnen und Bürgern 

Nicht alle digitalisierten Verwaltungsprozesse lassen sich mit einigen wenigen Dateneingaben und Klicks erledigen. Die Qualifizierung des Anliegens erfordert ggf. Fragen an die Person, die es vorbringt. Den entsprechenden Dialog kann ein Chatbot auch außerhalb der üblichen Arbeitszeiten führen. Um das Anliegen und weiterführende Antworten nicht nur zu hören, sondern auch inhaltlich zu verstehen, können KI-Techniken zum Einsatz kommen, die den digitalen Dialog mit Bürgerinnen und Bürgern nicht auf relativ starre Formulierungen reduzieren, sondern die auch den Umgang mit neuen Gesprächssituationen lernen. Intelligente Chatbots sind somit ein Beispiel dafür, wie die Landesverwaltung Teil des lebendigen KI-Ökosystems in Hessen werden kann. Der Einsatz von KI-Methoden stellt auch Fragen an die dafür benötigte Architektur. Dabei geht es zum einen darum, woher die KI-Modelle kommen und wo sie gegebenenfalls trainiert werden. Im Bereich der Sprachverarbeitung gibt es dazu im Rahmen von GAIA-X das Projekt open GPT-X, in dem Modelle für Textgeneratoren im europäischen Raum entwickelt werden. Zum anderen ist wichtig, wo die Modelle betrieben werden. Dabei geht es nicht allein um „public cloud versus on-premises“. Auch die Frage, ob Daten zu einem zentralen Modell kommen müssen – beispielsweise ein Videostream für die Bilderkennung – oder ob das Modell dahin kommen kann, wo die Daten anfallen, um sie lokal vorzuverarbeiten, spielt eine Rolle. Für den zweiten Fall, die Verarbeitung auf einem sogenannten Edge-Device, hat die HZD einen Demonstrator gebaut, der mit Hilfe eines Minirechners analysiert, ob auf einem Parkplatz(-Modell) noch freie Stellplätze vorhanden sind.

Digitales Abbild von realen Systemen

Die Verbindung zwischen der grundlegenden Evaluation von Technologien und deren anwendungsorientierten Einsatzmöglichkeiten wird in der gerade angelaufenen Maßnahme zu sogenannten digitalen Zwillingen deutlich. Ein solcher Zwilling stellt ein digitales Abbild eines realen Systems dar, das nicht nur die relevanten Daten sammelt und bereitstellt, sondern auch die Zusammenhänge modelliert und bei Bedarf die Regelung des Referenzsystems erlaubt – gegebenenfalls nach vorheriger Simulation von Alternativen. Digitale Zwillinge werden unter anderem zur vorausschauenden Wartung (englisch: „predictive maintenance“) technischer Anlagen verwendet. Hier sind im Land Anwendungen beispielsweise beim Betrieb von Maschinen und Anlagen, IT-Systemen, Gebäuden oder Verkehrswegen denkbar. Für die Evaluation der Technologie hat das Innovationsmanagement der HZD aber einen Anwendungsfall aus dem Bereich Pflanzenbau gewählt. Zum einen ist dieser Anwendungsfall relativ einfach vermittelbar: Wie können verschiedene Techniken genutzt werden, um Pflanzen besser wachsen zu lassen? Zum anderen ist Hessen in diesem Thema sowohl mit dem Landesbetrieb Landwirtschaft als auch mit der Hochschule Geisenheim stark vertreten, sodass hier profundes Fachwissen in dem Anwendungsfall zur Verfügung steht. So ordnet sich diese Innovationsmaßnahme fachlich in den Themenkomplex Land- und Forstwirtschaft 4.0 ein, der im Rahmen der Digitalstrategie den durch Landwirtschaft, Garten- und Weinbau sowie die Forst- und Ernährungswirtschaft geprägten ländlichen Raum in den Blick nimmt. Aber auch das Kulturgeschehen könnte von derartigen Ansätzen profitieren.

Den realen Kulturraum in die digitale Welt zu verlängern und von dort aus wiederum zu verändern, wäre nicht nur in Zeiten der Corona- Pandemie ein interessantes Experiment.

Neben diesem starken Praxisbezug ist die Evaluation digitaler Zwillinge aber auch von der IT-Seite her eine hochspannende Aufgabe, da hier viele innovative Technologien einmünden können: Das Internet der Dinge mit Sensoren und Aktoren, verschiedene Funkstandards wie 5G/6G oder LORAWAN, die dazu dienen, Daten in unterschiedlichen Szenarien zu übermitteln, Edge-Computing, das benötigte Rechenleistung „vor Ort“ bringt, KI-Techniken z.B. zur Bilderkennung oder zur Adaption von Modellen an neue Situationen sind einige davon.

Zwischen Nutzen und Risiken

Im Innovationsmanagement nimmt die HZD aber nicht nur die technische Machbarkeit und potenzielle Anwendungsgebiete in den Blick. Die Digitalstrategie weist auf einen weiteren Aspekt hin: „Neue Produkte und digitale Anwendungen versprechen vielfältigen Mehrwert in Wirtschaft und Gesellschaft, bergen aber auch Herausforderungen und Risiken.“ So wird insbesondere die Sicherheit und Integrität der Infrastruktur und damit der Daten angesprochen. Gerade wenn Informationen „aus der Fläche“ in Verwaltungsprozesse einfließen sollen, müssen diese verlässlich sein. Auch dies ist für die HZD ein Thema bei der Evaluation digitaler Zwillinge.

Dies sind einige Beispiele, wie das Innovationsmanagement der HZD mit seinem Know-how, den gesammelten Erfahrungen und exemplarischen Lösungen zur digitalen Transformation beiträgt. Dabei ist es wichtig, nicht nur dokumentiertes Wissen anzusammeln, sondern digitale Zukunftstechnologien tatsächlich im Einsatz – wenn auch unter Laborbedingungen – auszuprobieren und kennenzulernen. Nach der Evaluation ist vor der Evaluation. Das Ziel der HZD, Mitgestalter und Motor bei der digitalen Transformation zu sein, fordert, stets am Puls der Zeit zu sein. Auch in diesem Punkt versteht sich das Innovationsmanagement als „verlängerter Arm“ der Strategie Digitales Hessen in die Landesverwaltung von morgen.