Junge Frau, die ihre Augen mit ausgestreckter Hand vor dem Gesicht vor blendenden Sonnenlicht schützt

Digitale Angebote ohne Hindernisse

In der öffentlichen Verwaltung ist barrierefreie IT schon lange ein Thema. Mit Inkrafttreten des Barrierefreiheitsstärkungsgesetzes (BFSG) am 28. Juni 2025 werden auch Unternehmen in die Pflicht genommen. Die verbindliche Regelung soll dafür sorgen, dass Menschen mit beispielsweise visuellen oder motorischen Einschränkungen digitale Leistungen nutzen und somit möglichst gleichberechtigt am öffentlichen Leben teilhaben können.

Es sind jedoch immer wieder auch kritische Stimmen zu hören, die hinterfragen, ob die Kosten für die vorzunehmenden Maßnahmen den Nutzen nicht bei weitem übersteigen – scheinen doch die Zahlen der Menschen mit einer Behinderung, die eine Nutzung regulärer IT-Anwendungen erschwert oder unmöglich macht, auf den ersten Blick relativ niedrig (so leben laut Rehadat-Statistik und beruhend auf Schätzungen der WHO rund 1,2 Millionen Personen mit Sehbehinderungen unterschiedlichen Grades in Deutschland). 

Mehrwert für alle

Doch das ist zu kurz gedacht. Woran viele im ersten Moment nicht denken: Auch Menschen mit anderen Einschränkungen als beim Sehvermögen sowie viele weitere Personengruppen profitieren von barrierefrei gestalteten Angeboten – seien es ältere Menschen, die in ihren körperlichen Fähigkeiten eingeschränkt sind, durch eine Krankheit oder Verletzung Gehandikapte, Menschen mit mangelnden Sprachkenntnissen, technisch Ungeübte und nicht zuletzt alle, die bei der Nutzung ihrer digitalen Geräte akustischen oder optischen Störfaktoren ausgesetzt sind – wie beispielsweise einem lauten Geräuschumfeld oder extrem hellen Lichtverhältnissen, bei denen auf Handy-Displays oder Computermonitoren nur schwer etwas zu erkennen ist.

Da sich immer mehr Aspekte des gesellschaftlichen Lebens in den digitalen Raum verlagern, gewinnt die Bereitstellung möglichst leicht zugänglicher und einfach nutzbarer Angebote zunehmend an Bedeutung. Im Sinne der digitalen Teilhabe gilt es, für alle Nutzerinnen und Nutzer einen Zugang ohne Barrieren zu schaffen, damit diese die neuen Möglichkeiten in Sachen digitaler Kommunikation, Organisation und Zusammenleben in vollem Umfang nutzen können. 

Da sich immer mehr Aspekte des gesellschaftlichen Lebens in den digitalen Raum verlagern, gewinnt die Bereitstellung möglichst leicht zugänglicher und einfach nutzbarer Angebote zunehmend an Bedeutung.

Richtlinien für digitale Teilhabe

Der Gesetzgeber hat diese Notwendigkeit erkannt und in den vergangenen Jahren mit einer Reihe von Bestimmungen und Normen die Voraussetzung geschaffen, dass ein größeres Bewusstsein für dieses Thema entsteht. Grundlage der digitalen Barrierefreiheit ist die Richtlinie (EU) 2016/2102, die von der Europäischen Union im Jahr 2016 verabschiedet wurde. Sie verpflichtet die Mitgliedsstaaten, die auf IT basierenden Serviceangebote von öffentlichen Stellen (wie beispielsweise Onlineauftritte und mobile Anwendungen oder auch Dokumente) auf Bundesebene, in den Ländern und in den Kommunen barrierefrei umzusetzen. Hierzu wurde eine Reihe von Gesetzen und Richtlinien verabschiedet, welche die Maßnahmen weiter konkretisieren und Standards für die Umsetzung definieren. Dazu zählen u.a. das Behindertengleichstellungsgesetz (BGG), die Barrierefreie Informationstechnik-Verordnung (BITV), die Web Content Accessibility Guidelines (WCAG) oder PDF/UA als ein Standard für barrierefreie PDF-Dokumente.

Kleine Maßnahmen, große Wirkung

Wie barrierefreie IT allen Bürgerinnen und Bürgern zugutekommt, zeigen zahlreiche Angebote der öffentlichen Verwaltung, die in den vergangenen Jahren bereits live gegangen sind. Die Aktivitäten zur Verbesserung der Zugänglichkeit von Informationen und Services beschränken sich aber nicht nur auf die technische Umsetzung. Vielmehr ist das Anliegen, Barrierefreiheit aus verschiedensten Blickwinkeln zu betrachten und bei der Bereitstellung weiterer Dienste von Anfang an mitzudenken. Denn schon leichte Anpassungen in der Darstellung oder Aufbereitung von Informationen oder Nutzungsoberflächen können dazu beitragen, Barrieren wirksam abzubauen: Klare Webseitenstrukturen schaffen Übersichtlichkeit, optimierte Kontraste verbessern die Lesbarkeit auf dem Smartphone- Display, Videos mit Untertiteln erhöhen die Verständlichkeit und transportieren auch ohne Ton die wichtigsten Botschaften. Und das nicht nur für Menschen mit Höreinschränkungen. 

Benefits für alle

Barrierefreie IT bietet eine ganze Reihe von Vorzügen, die das digitale Leben für alle leichter machen.

Barrierefrei konzipierte Anwendungen sind in der Regel intuitiver und benutzerfreundlicher als die bisher bisherigen Angebote. Gut erkennbare Schaltflächen und eine unkomplizierte Navigation helfen allen Nutzenden, digitale Technologien einfacher zu nutzen – ganz unabhängig von ihren persönlichen körperlichen und kognitiven Fähigkeiten.

Das Prinzip der Barrierefreiheit fördert eine systematisch gegliederte Informationsstruktur. Die Unterteilung der Informationen nach einem festen Raster aus zum Beispiel Überschriften, Fließtext, Tabellen und Bildelementen schafft Ordnung und sorgt so dafür, dass die Inhalte schneller erfasst und nach Relevanz für das persönliche Anliegen beurteilt werden können. 

Ein guter Kontrast zwischen Schrift und Hintergrund ist essenziell, um einen Text ohne Anstrengung für die Augen lesen zu können. Bei der barrierefreien Gestaltung werden die eingesetzten Farben so gewählt, dass sich die einzelnen Farbfelder klar voneinander unterscheiden. 

Technologische Innovationen, die zur Verbesserung der Barrierefreiheit eingeführt werden, tragen bei einer ganzen Reihe von Aufgaben zu einem effizienteren Arbeiten bei. Sprachsteuerung und -erkennung (Sprache-zu-Text-Funktionen) bieten beispielsweise die Möglichkeit, Geräte mit Befehlen zu bedienen und Texte zu diktieren, was insbesondere Menschen mit Problemen beim Schreiben mit einer Tastatur eine deutliche Zeitersparnis bringt. 

Praktische und zielführende Unterstützung

Obwohl die öffentliche Verwaltung die barrierefreie IT in den vergangenen Jahren immer weiter vorangetrieben hat, fehlt es bei der konkreten Umsetzung barrierefreier IT oftmals noch an Know-how, zum Beispiel in Entwicklerkreisen. Um dieses Defizit auszugleichen, gibt es auf Landesebene unter der Federführung der Beauftragten der Hessischen Landesregierung für barrierefreie IT und digitale Teilhabe eine breite Informationsinitiative, die von konkreten Unterstützungsangeboten begleitet wird.

Auch in der HZD als Entwicklungs- und Betriebsstätte zahlreicher Landesverfahren ist das Thema schon seit mehreren Jahren fest verankert. Mit dem Aufbau einer internen Servicestelle gibt es bei der HZD nun eine eigene Beratungs- und Unterstützungseinheit – damit barrierefreie IT kein Spezialgebiet bleibt, sondern das Kompetenzspektrum der Kolleginnen und Kollegen erweitert, die IT-Lösungen ohne Barrieren für die Landesverwaltung entwickeln und umsetzen. 

Richtlinie WCAG

Die Web Content Accessibility Guidelines (WCAG) geben die Richtlinie für barrierefreie Webinhalte vor. Sie sind in mehreren Ebenen aufgebaut, wobei vier Prinzipien die Grundlage bilden.

Dadurch soll sichergestellt werden, dass Funktionen und Informationen so präsentiert werden, dass sie von jedem Nutzenden überhaupt bemerkt werden. So müssen Informationen über zwei unterschiedliche Sinneskanäle wahrnehmbar sein. 

Damit die Nutzenden mit den IT-Lösungen interagieren können, müssen diese auch für Menschen mit Behinderungen bedienbar sein. 

Die Inhalte sollten für das größtmögliche Publikum gut lesbar und verständlich sein. Und zwar auch dann, wenn sie laut vorgelesen werden. Daher ist es wichtig, eine möglichst klare und einfache Sprache zu verwenden. 

Eine hohe Kompatibilität der bereitgestellten Inhalte mit den genutzten Benutzeragenten wie dem Webbrowser und assistiven Technologien wie einem Screenreader ist wichtig. Dafür müssen bestimmte Standards eingehalten werden.