Close-up auf das Gesicht einer jungen Frau, die eine mit Rosenblüten bestückte Augenbinde trägt und mit den Händen tastend über ihre Wangen fährt

Barrierefreiheit ganzheitlich betrachtet

Wie Redaktion, Designteam und Entwicklung bei der Portallösung HessenWeb zusammenarbeiten

2019 stand ein umfassender Relaunch des Redaktionssystems für die Webportale des Landes Hessen ins Haus. Bei der Entwicklung des neuen HessenWeb wurde der Aspekt der Barrierefreiheit von Anfang an mitgedacht. Bereits die erste Version ermöglichte eine weitgehend barrierefreie Zugänglichkeit der angebotenen Informationen und Services. An den Schwachstellen wurde und wird konsequent weitergearbeitet, damit möglichst alle User die gesamte Bandbreite an Inhalten nutzen können. 

Durch die Hessische Verordnung über barrierefreie Informationstechnik (BITV HE) war klar, dass das Thema Barrierefreiheit bei der Konzeption und der Umsetzung des neuen HessenWeb im Fokus stehen muss. Um abschätzen zu können, wo überall Handlungsbedarf besteht, wurden eine ganze Reihe von Usability-Tests und Befragungen von Menschen unterschiedlichen Alters und verschiedener Voraussetzungen durchgeführt. Eine wichtige Erkenntnis aus diesem Prozess: Von einer barrierefreien IT profitiert eine weitaus größere Zielgruppe, als man allgemein annimmt. 

Barrierefreiheit nutzt allen

Leichte Bedienbarkeit, klare Strukturierung, gut zu erkennende Bildelemente – ein barrierefrei gestalteter Internetauftritt bietet für alle Besucherinnen und Besucher Vorteile. Denn eine barrierefreie Gestaltung ist automatisch nutzerfreundlich und hilft beispielsweise dabei, sich intuitiv und schnell auf der Website zurechtzufinden. Auch Suchmaschinen achten auf die Usability einer Seite und belohnen barrierefreie Auftritte mit einem besseren Ranking. Dasselbe gilt für KI-basierte Anwendungen wie Chatbots oder Smartspeaker, die logisch aufgebaute und klar ausgezeichnete Inhalte leichter verarbeiten können.

Dazu kommt, dass nicht nur Menschen mit dauerhaften Behinderungen wie dem Verlust der Seh- oder Hörfähigkeit Probleme mit der Nutzung von Online- Angeboten haben können. Jeder User kennt Situationen, in denen äußere Umstände wie blendendes Licht, ein hoher Geräuschpegel oder eine schlechte Internetverbindung den Zugriff auf Webseiteninhalte erschweren. Bei der barrierefreien Gestaltung werden daher sämtliche Arten von Einschränkungen bedacht – egal ob körperlich oder kognitiv, dauerhaft oder temporär. 

Zusammenspiel der Disziplinen

Bei der Entwicklung und Gestaltung barrierefreier Webseiten ist es wichtig, das Vorhaben aus unterschiedlichen Richtungen anzugehen. Zum einen gilt es, den Inhalt eines Internetauftritts auf bestimmte Weise zu strukturieren und die optische Oberfläche sowie die Interaktionsmöglichkeiten entsprechend bestimmter Richtlinien zu gestalten. Andererseits müssen die Technik bzw. die Codebasis von Anfang so angelegt werden, dass auch sie diesen Vorgaben entsprechen. Außerdem sind noch assistive Technologien wie Screenreader im Blick zu behalten, damit die angebotenen Inhalte richtig ausgelesen und interpretiert werden können. Um all das in Einklang zu bringen, ist es unerlässlich, dass Redaktion, Designteam und Entwicklungsabteilung eng zusammenarbeiten und sich permanent austauschen. 

Close-up auf eine junge Frau mit langen lockigen Haaren, die eine große Muschel ans Ohr hält

Barrierefreiheit im HessenWeb

Bei der Oberflächengestaltung des Drupal-basierten HessenWeb wurden unter anderem folgende Punkte im Sinne der Barrierefreiheit umgesetzt:

Starke KontrasteIn der Konzeption barrierefreier Webseiten spielen Kontraste eine wichtige Rolle. Für Gestaltungselemente wie farbige Überschriften oder bunte Icons wurde darum eine Palette von Farbschemata entwickelt, bei denen Schriften und Symbole gut abgegrenzt dargestellt werden und somit klar erkennbar sind. 
Gut proportionierte Schriftgrößen und Zeichenabstände 
 
Damit Nutzende mit und ohne Einschränkungen die Inhalte der HessenWeb- Auftritte gut erfassen können, wurden die Schriftgrößen und Zeilenabstände in allen Komponenten optimiert. 
Markierungen mit zwei Indikatoren 
 
Im Sinne der Barrierefreiheit darf die Markierung relevanter Informationen nicht ausschließlich über eine farbige Hervorhebung transportiert werden. Darum werden Verlinkungen im HessenWeb immer mit zwei Indikatoren dargestellt: durch den Einsatz von Farbe (entsprechend dem gewählten Farbschema für den Auftritt) und durch Unterstreichung. 
Intuitive Navigation mit mehreren Optionen 
 
Beim HessenWeb hat man sich gezielt für eine schlanke Menüstruktur entschieden, die sich sowohl mit einer Maus als auch per Tastatur bedient lässt. Beim Aufruf des Menü-Icons werden die ersten beiden Ebenen der Navigation angezeigt. Zusätzlich ermöglichen Strukturelemente wie „Themen A-Z“ und die klassische Suche eine direkte Navigation zum gewünschten Angebot. Alle Unterseiten des Webauftritts werden zusätzlich in der in Baumstruktur angelegten Sitemap dargestellt. 
Klare Auszeichnung und durchgängige Alternativtexte Für Screenreader und andere assistive Technologien sind korrekt ausgezeichnete Überschriften wichtig, da sie auch als Sprungmarken im Text dienen. Um zu verhindern, dass Alternativtexte vergessen werden, lassen sich Bilder nur dann auf der Webseite abspeichern, wenn das für die Beschreibung vorgesehene Fenster ausgefüllt ist. 
Leichte Sprache 
 
Für wichtige Informationen sieht das HessenWeb eine Textversion in leichter Sprache vor. Diese zeichnet sich durch kurze Sätze und einfach formulierte Sachverhalte aus, damit auch Menschen mit kognitiven Einschränkungen oder geringen Sprachkenntnissen die Inhalte verstehen. Bei der Formulierung von Texten, die der Barrierefreien-Informationstechnik- Verordnung (BITV) entsprechen, unterstützt die Servicestelle Online-Redaktion der HZD. 

Barrierefreiheit als Teamwork in Progress

Mit dem HessenWeb wurde eine gute Basis geschaffen, um Webseiten barrierefrei gestalten zu können. Allerdings kann das Redaktionssystem beim Einpflegen von Inhalten nur eine Hilfestellung geben. Letztendlich entscheiden die Redakteurinnen und Redakteure zu einem großen Teil, wie gut zugänglich die Angebote sind - indem sie darauf achten, dass in den Artikeln keine Dopplungen auftreten, die Überschriften richtig formatiert sind und die Alternativtexte möglichst gut beschreiben, was auf den Bildern zu sehen ist. Zur Sensibilisierung für bestehende und sich verändernde Bedürfnisse der User empfehlen sich Weiterbildungsseminare, wie sie unter anderem die IT-Fortbildung der HZD anbietet.

Und auch das Entwicklerteam des HessenWeb hat in Sachen barrierefreie IT noch längst nicht ausgelernt. Mit jedem neuen Release und jeder weiteren Testphase wächst das Know-how zur Gestaltung und Umsetzung von barrierefreien Systemen. Konkrete Hinweise, an welchen Stellen noch gearbeitet werden muss, liefert insbesondere das Formular zur Meldung von Barrieren in den Landesportalen.

Noch kann man nicht abschätzen, wie die Anforderungen an eine barrierefreie IT sich weiterentwickeln. Doch eines ist sicher: Mit der richtigen Perspektive und dem Ausschöpfen neuer Möglichkeiten, die sich beispielsweise durch KI eröffnen, lassen sich auch die noch verbleibenden Hürden nehmen. 

Auch das Entwicklerteam des HessenWeb hat in Sachen barrierefreie IT noch längst nicht ausgelernt. Mit jedem neuen Release und jeder weiteren Testphase wächst das Know-how zur Gestaltung und Umsetzung von barrierefreien Systemen.

Praktische Content-Hilfe

Die Servicestelle Online-Redaktion der HZD steht nicht nur für Fragen rund um das Thema Content-Management- Systeme zur Verfügung, sondern unterstützt die Redaktionen auch beim Aufarbeiten und Einstellen von Inhalten. Sie ist zu den Geschäftszeiten der HZD unter der Telefonnummer 0611 340 1400 zu erreichen.

Autorinnen des Beitrags

Eva-Alexa Russell
Product Owner HessenWeb

Lena Schanz
Content-Management-Spezialistin

Kathrin Stöbener
Spezialistin Webdesign & Barrierefreiheit