HZD-Chronik_abstraktes Symbolbild_1980er

Konkurrenzlose kleine Kiste

Nach den ersten „wilden Jahren“ steuert die HZD in ihrem zweiten Jahrzehnt in ruhigeres Fahrwasser. Man passt sich an und wird mehr und mehr zu einer „normalen Verwaltung“. Im Rechenzentrum vollzieht sich eine Revolution: Die Landschaft wird plötzlich nicht mehr nur von der blauen Standardfarbe des marktführenden Büromaschinenherstellers IBM geprägt – erstmals zieht ein Amdahl-Rechner ein.

Auch sonst tut sich einiges: Im Zuge der Novellierung des HZD-Gesetzes geht das Gesundheitswesen (Dominig II) an das KGRZ Gießen. Am 1. Januar 1983 tritt das novellierte DV-Verbundgesetz in Kraft. Die Produktion ist nun entgeltpflichtig und die HZD setzt von da an die Kosten- und Leistungsrechnung ein.

Den größten Wandel aber verursacht etwas anderes, das anfänglich belächelt und nicht ganz ernst genommen wird: der PC. 1983 steht erstmals eine kleine weiße Kiste auf einem HZD-Schreibtisch, eine sündhaft teure Angelegenheit: Ein PC mit 64 KB und 10 MB Festplatte kostet stolze 25.000 DM.

Es gibt zwar schon Beschäftigte, die den Kleinstrechnern eine große Zukunft voraussagen, die überwältigende Mehrheit aber sieht darin keine Konkurrenz für den Großrechner. Was sollen diese mickrigen Kisten gegen die allmächtigen Anlagen im Rechenzentrum ausrichten? Wie man sich täuschen kann. Denn der PC nimmt der HZD quasi die Hoheit über die Datenverarbeitung im Land. Plötzlich können die Kunden bei der IT fachkundig mitreden. Der Personal Computer hat sie mündig gemacht. Irgendwann verstehen alle etwas von Datenverarbeitung. Die HZD muss sich anpassen und gibt sich 1984 eine Benutzungsordnung, der Vorläufer der heutigen Allgemeinen Auftragsbedingungen. Sie gilt für alle Leistungen, die die HZD als Auftragnehmer auf der Grundlage der mit den Auftraggebern (früher: Benutzern) geschlossenen Vereinbarungen erbringt.

Kein Wildwuchs an Systemen

Der 100. PC aus dem Standardangebot der HZD wird 1986 im Hessischen Landesamt für Straßenbau installiert. Das Standardangebot bezieht sich nicht nur auf die Hardware, sondern auch auf die Software und soll verhindern, dass in der Verwaltung ein „Wildwuchs“ an Systemen entsteht. Ein Grundgedanke, den der HessenPC über 30 Jahre später vollenden wird. Die HZD richtet 1989 ein „Benutzerservicezentrum“ (BSZ) ein. Es hat die Aufgabe, die Verwaltung im Bereich der „individuellen Datenverarbeitung“ zu beraten und zu unterstützen. Im BSZ sind auch die Kundendiensttechniker beheimatet. Die „gelben Engel“ kümmern sich um gecrashte Festplatten, flackernde Monitore und sonstige PC Unfälle, die Wartung und Reparaturen aller PCs, Monitore und Drucker, Ersatzteillagerhaltung und -beschaffung, Aufrüstung alter PCs, Entsorgung nicht mehr reparabler Geräte, Ersatzgeräteverleih und VDE-Prüfung mit TÜV-Stempel. 75 Prozent der im Jahresdurchschnitt rund 500 anfallenden Aufträge bearbeitet das Technikpersonal im Haus, sie fahren aber auch direkt zum Kunden.

Rechenzentrum 1985

HZD als Landesbetrieb

Die Umwandlung der HZD von einer Körperschaft des öffentlichen Rechts in einen Landesbetrieb erfolgt 1989, um als leistungsfähige und wirtschaftliche Dienstleistungsorganisation die steigenden Anforderungen der Landesverwaltung erfüllen zu können. Alle Leistungen sind ab jetzt entgeltpflichtig (2. Novellierung des DV-Verbundgesetzes). Als Landesbetrieb verfügt die HZD über moderne betriebswirtschaftliche Instrumentarien. Sie ist für vergleichbare Organisationseinheiten in der Landesverwaltung zu einem „Modell“ geworden. Die Dienstaufsicht führt nunmehr der hessische Innenminister. Die organisatorischen Veränderungen verlaufen nicht immer geräuschlos. Die Ära Albrecht ist geprägt von heftigen Auseinandersetzungen zwischen Personalrat und der Hausspitze.

Als wirtschaftlich orientierter Landesbetrieb setzt sich die HZD Unternehmensziele. Entsprechend ihrem gesetzlichen Auftrag will sie:

  1. die Stellung als „Kompetenzzentrum Informationstechnik“ der Landesverwaltung weiter ausbauen,
  2. die steigenden Anforderungen entsprechend ihren Kapazitäten erweitern,
  3. marktgerechte Leistungen erbringen,
  4. in der Preisgestaltung deutlich unter den privaten Anbietern liegen.

Um diese Ziele zu erreichen, sind in den folgenden Jahren umfangreiche Aktivitäten vorgesehen:

  1. Ausbau der Kapazitäten
  2. Software-Engineering
  3. Standardisierung
  4. Erhöhung der Sicherheit
Zerbrochene Zigarette

Engagierte Nichtraucherinnen und Nichtraucher sowie TSO-Nutzende beklagen 1979, dass in den Terminalräumen geraucht wird. Daraufhin führt der Personalrat eine Umfrage durch. Die Auswertung der Fragebogenaktion wider den blauen Dunst an der interaktiven Mattscheibe ergibt kein sehr eindeutiges Bild. Im vierten Stock spricht sich eine überwiegende Mehrheit für ein Rauchverbot aus. Der Personalrat schlägt daraufhin dem HZD-Vorstand vor, im Terminalraum im vierten Stock das Rauchen versuchsweise zu verbieten, hier sollen nur noch die Köpfe rauchen. In den übrigen Terminalräumen bleibt es bei dem bisherigen toleranten Beieinander der Fans der großen weiten Welt des blauen Dunstes und der Befürwortenden der rauchlosen Gesellschaft.

HZD-Chronik_Direktor Leonhard Ermer stempelt Dokument
Ab Januar 1989 prägt Leonhard Ermer als Direktor wie keiner vor ihm die HZD. Er betreibt nach seinen eigenen Worten – die Verwaltungsreform mit missionarischem Eifer – und paart technische Weiterentwicklung mit betriebswirtschaftlicher Ausrichtung

Schlagzeilen 1990 - 1999

 ...weltweitund in der HZD

 

 

1980

Politisches Parkett: Im Januar gründen sich die „Die Grünen“ in Karlsruhe und holen 5,3 Prozent bei der Landtagswahl Baden-Württemberg.

Startbahn West: Der hessische Wirtschaftsminister Heinz-Herbert Karry (FDP) ordnet den Bau der Startbahn West des Frankfurter Flughafens an.

Tragödie: In New York wird John Lennon auf offener Straße erschossen.
Vorstandsvorsitzender Klaus Bresse verlässt die HZD und wird Abteilungsleiter im hessischen Finanzministerium. Dr. Hellmut Karl tritt seine Nachfolge an. Staatssekretär Dockhorn vom Innenministerium wird neuer Vorsitzender des Verwaltungsrates. Leonhard Ermer übernimmt den Vorsitz im Landesautomationsausschuss.

 

1981

Erster PC: IBM stellt am 12. August den ersten PC (Personal Computer) genannten Rechner vor. Die Firma lizenziert dafür DOS von der damals winzigen Firma Microsoft.

Erste CD: Auf der Funkausstellung in Berlin wird die Compact Disc erstmals öffentlich vorgestellt.
Nach dem einjährigen Intermezzo von Dr. Hellmut Karl an der Spitze des Hauses übernimmt Hans Peter Albrecht die Leitung der HZD.

 

 

1982

Viral: Elk Cloner, das erste Computervirus, verbreitet sich selbstständig über Disketten auf Apple-II-Systemen.

Smile: Der Informatiker Scott E. Fahlman erfindet den Online-Smiley :-).
Das Gesundheitswesen wechselt zum KGRZ Gießen.

 

1983

Fälschung: Als der „Stern“ die Tagebücher von Adolf Hitler präsentiert, glaubt man, die deutsche Geschichte müsse umgeschrieben werden. Im Mai zeigt sich, dass sogar die Fachwelt auf eine Fälschung hereingefallen ist.

99 Luftballons: Vor dem Hintergrund des Kalten Krieges und der Angst vor einem Atomkrieg singt Nena von 99 Luftballons und erobert damit im März die deutschen Charts.
Der PC hält Einzug in die HZD.

Das novellierte DV-Verbundgesetz tritt zum 1. Januar in Kraft. Die Produktion ist nun entgeltpflichtig. Es hat tiefgreifende Änderungen für die HZD zur Folge: Die HZD setzt von da an die Kosten- und Leistungsrechnung ein; aus dem Vorstandsvorsitzenden der HZD wird der Direktor der HZD, die HZD wird umorganisiert und in folgende Abteilungen gegliedert: Verwaltung, Anwendungsentwicklung, Produktion, Systemtechnik.

 

1984

Geschafft: Am 3. August um 10.14 Uhr kommt die erste E-Mail in Deutschland an. Abgesendet: 2. August 12.21 Uhr. Absender: „Laura Breeden“. Betreff: „Welcome im CSNET!“. Empfänger: „Michael Rotert“. Text: „Michael, This ist your official welcome to CSNET.“

Beginn einer Ära: Steve Jobs präsentiert den ersten Macintosh von Apple. Kostenpunkt in Deutschland: rund 10.000 DM.
Eine Reihe von Sprengstoffanschlägen auf Rechenzentren der Industrie und der öffentlichen Hand veranlassen die HZD, die Sicherheit von Grund auf zu überprüfen. Die HZD erstellt ein Sicherheitskonzept, das mehrjährige Umbauarbeiten nach sich zieht.

 

1985

Zeitenwende: Michail Gorbatschow wird zum Generalsekretär der KPdSU gewählt.

Schuhwerk: Joschka Fischer wird der erste grüne (Turnschuh-)Minister.

Kult: Die „Lindenstraße“ wird erstmals ausgestrahlt.
Der Verwaltungsrat der HZD legt sein Papier „Zukunftsperspektiven der HZD“ vor. In der Folge wird die „Mittelfristige Unternehmungsplanung“ (MUP) ins Leben gerufen. Ziel ist es, die Kapazitätsgrenzen der HZD zu belegen und zu beseitigen, um zukünftig „alle Anforderungen zur vollen Zufriedenheit der Verwaltung“ abwickeln zu können.

 

1986

Tschernobyl: Eines der vier Kernkraftwerke brennt – der Reaktorkern schmilzt. Die radioaktive Wolke zieht von der Ukraine nach Polen und Skandinavien und erfasst weite Teile Mitteleuropas.

Internet: Zur genauen Adressierung der Rechner werden die Top Level Domains (TLD) eingeführt. Dahinter verbergen sich Kürzel für Länder oder bestimmte Einrichtungen wie „.de“ für Deutschland oder „.com“ für Unternehmen.
Mit einem Bilanzgewinn von 5,2 Millionen DM erzielt die HZD ihr bestes wirtschaftliches Ergebnis seit der Novellierung des DV-Verbundgesetzes von 1982.

 


1987

Volkszählung: Am 25. Mai beginnt in der Bundesrepublik erstmals seit 17 Jahren eine Volkszählung.

Immunschwäche: Fast 700 Menschen sterben in Deutschland an AIDS. Bundesgesundheitsministerin Rita Süssmuth setzt auf Prävention durch Aufklärung.
Die HZD hat in Ruth Hölzer eine Frauenbeauftragte.

 

 

1988

Golfkrieg: Nach achtjährigem Krieg schließen die verfeindeten Nachbarn Iran und Irak Anfang August Frieden.Am 6. Mai wird das neue Schulungszentrum in der Greifstraße in Wiesbaden-Kohlheck offiziell eingeweiht. Wegen der Probleme bei der Personalbeschaffung setzt man große Hoffnungen auf die Ausbildung von DV-Fachpersonal in den eigenen Reihen.

1989
Mauerfall: SED-Sprecher Günter Schabowski verkündet am 9. November die Öffnung der Grenze von der DDR zur BRD. In den folgenden Jahren ist die Wiedervereinigung eines der beherrschenden Themen in Politik und Gesellschaft.

Kinderspiel: Im April bringt Nintendo den Game Boy auf den japanischen Markt. Schon bald erobern Tetris und der „Handcomputer“ auch die deutschen Kinderzimmer.
Leonhard Ermer wird Direktor der HZD.

Aufgrund der 2. Novellierung des DV-Verbundgesetzes von 1988 wird die HZD zum 1. Januar in das Land eingegliedert. Sie wird als Landesbetrieb im Geschäftsbereich des Innenministeriums weitergeführt. Alle Dienstleistungen sind jetzt entgeltpflichtig. Ziel ist es, die HZD weiter zum „Kompetenzzentrum des Landes“ für alle Fragen der Informationstechnik auszubauen.

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